Europa schaffen – mit oder ohne Waffen?
Diskussionsbeitrag auf einer Veranstaltung von Déi Lénk am 7.11.2000 in Esch, Luxemburg
Die Europäische Union auf dem Weg zur Militärmacht
Seit wenigen Jahren vollzieht sich die Militarisierung der Europäischen Union in einem rasanten, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Tempo. Im Maastricht-Vertrag von 1992, mit dem die Gemeinsame Außen- und Sicher-heitspolitik der EU (GASP) geschaffen wurde, hieß es noch in Artikel J.4, dass zur GASP „auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidi-gungspolitik gehört, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte“. Sehr schnell war weder von „könnte“ noch von „Verteidigung“ die Rede.
Wie sich die EU im Rahmen der GASP zur Militärmacht entwickeln soll, ist in einem umfänglichen Positionspapier enthalten, das der damalige niederländische EU-Kommissar Hans van den Broek, zuständig für äußere Angelegenheiten, Anfang 1995 für den Außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments erar-beitet hatte. Die Union benötige, heißt es darin, eine „angemessene Kombination von Diplomatie und der Fähigkeit zur Projektion militärischer Gewalt“. Zur Rechtfertigung dieses Kurses werden in dem Papier äußere Gefahren beschwo-ren, die Europa bedrohen würden. Europa befinde sich im Zentrum einer „geo-politischen Veränderung“, die eine neue Weltordnung hervorbringe. Als potenti-elle Gefahren beschrieben werden unter anderem Russland, das einstige Ein-flussgebiete zurückgewinnen wolle, ein sich auf dem Balkan entfesselnder Na-tionalismus, politische, wirtschaftliche und demographische „Ungleichgewich-te“ im Mittelmeerraum, die einer „Zeitbombe“ glichen sowie Terrorismus, Dro-genhandel und illegale Einwanderung. Vor diesem Hintergrund bestehe die wichtigste Aufgabe darin, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU mit „militärischen Instrumentarien“ auszustatten, eine „europäische Ein-greiftruppe“ aufzubauen. In dem Papier wird abschließend gefordert, die Zer-splitterung der Rüstungsindustrie in der EU zu überwinden, sie mit Blick auf die amerikanische konkurrenzfähig zu machen.
1997 folgte der Amsterdamer Vertrag. Aufgenommen wurden in den EU-Vertrag die sog. „Petersberger Aufgaben“, d.h. die EU übernahm, was die Ver-teidigungsminister der Westeuropäischen Union (WEU) für diesen Militärpakt schon 1992 als neue sicherheitspolitische Aufgaben beschlossen hatten. Nach-zulesen in Artikel 17 des EU-Vertrages: „Humanitäre Aufgaben und Rettungs-einsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbe-wältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen.“
Endgültig fielen die Würfel zur praktischen Umsetzung all dessen im Dezember 1999 in Helsinki. Die EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten dort, dass