Redebeitrag zum Bericht ‚Tourismus und Beschäftigung‘

Helmuth Markov am 17. Februar 2000 vor dem EP

Der vorliegende Bericht des Kollegens Viceconte ist aus meiner Sicht eine sehr gute Arbeit, und ich möchte den Berichterstatter dazu herzlich beglückwünschen!

Es ist gelungen, ein breites und schwer exakt definierbares Feld der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, sportlichen und gesundheitlichen Tätigkeiten in der Sphäre des Tourismus in seiner großen Vielfalt, in den verschiedenartigen Erfordernissen und Bedürfnissen der EU-Länder einprägsam darzulegen. Die Schwierigkeiten der Behandlung des Tourismus in seiner europäischen Dimension sowie die erforderliche Unterstützung durch Rat, Kommission und Parlament wurden klar herausgearbeitet.

Der Ansatz, von der Größenordnung und der Bedeutung des Wirtschaftssektors Tourismus für die Beschäftigung in der EU auszugehen und daraus das Erfordernis der Schaffung und Anwendung eines gemeinschaftlichen Rahmens für Aktivitäten abzuleiten, halte ich für besonders hervorhebenswert.

Ungeachtet der Pattsituation mit dem Rat sollte die Kommission die auch gegenwärtig bestehenden Möglichkeiten für die Entwicklung von Elementen einer europäischen Tourismuspolitik nutzen. Und dazu zählen: Erstens, die Festlegung strategischer Prioritäten für die Entwicklung dieses Sektors; zweitens, die Erarbeitung einer Kriterienliste, die bei der Realisierung von EU-Projekten im Rahmen der verschiedenen Programme die Einbeziehung spezifisch tourismusrelevanter Belange ermöglicht; und drittens, die Suche und Festlegung eines geeigneten Weges, um bis zur Annahme einer juristischen Grundlage eine Interimslösung zur Finanzierung der Ausgaben für die Koordinierung mit Gemeinschaftsmaßnahmen in anderen Politiken – Beschäftigung, Umwelt, Strukturfonds, Gemeinschaftsinitiativen – zu finden.

Darüber hinaus ist es unbedingt erforderlich, daß der Kompromißvorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft, ein Mehrjahresrahmenprogramm zu verabschieden, so schnell wie möglich in die Tat umgesetzt wird. Das erfordert natürlich, daß diejenigen Mitglieder des Rates, die seine Annahme blockieren, nachdrücklichst aufgefordert werden, ihre Ablehnung zu überdenken und aufzugeben.

In die Ausarbeitung eines Rahmenprogrammes könnte und sollte gleichzeitig die Entwicklung von politischen Richtlinien für den Tourismussektor seitens der Europäischen Kommission wie auch der Mitgliedsländer integriert oder parallel dazu vorangetrieben werden. Die spezielle Aufgabe der Kommission muß es sein, die verschiedenen nationalen Regelungen und Aktivitäten zu analysieren und auf dieser Grundlage Verallgemeinerungen für den EU-Raum abzuleiten. Diese werden und können eine gute Grundlage für die Erarbeitung der EU-Rahmenbedingungen bilden.

Angesichts des enormen Beschäftigungspotentials wird der Tourismus gerade in den wirtschaftlich schwächer entwickelten bzw. Problemregionen der Union seine Auswirkungen im Hinblick auf die Stimulierung lokaler Wirtschaftsaktivitäten – Landwirtschaft, Handwerk, Dienstleistungen, Transport, Handel – sowie in der Bildung entfalten. Das heißt, regionale Wirtschaftskreisläufe können entwickelt werden. Hierbei gebietet es im besonderen Maße, von der Nachhaltigkeit der Maßnahmen und dem Schutz der natürlichen Lebensräume der Umwelt auszugehen. Dazu sind eben kleine und mittlere Anbieter touristischer Leistungen geeignet, die die harmonische Eingliederung von Erholungs- und Freizeitangeboten, Kuren und sportlicher Betätigung im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten gewährleisten.

Andere Aspekte, wie die Beachtung von Nichtdiskriminierung und Benachteiligung am Arbeitsplatz, die ein genereller Grundsatz der Umsetzung von Gemeinschaftspolitiken sind, müssen in den Maßnahmen zur Unterstützung des Tourismus in den verschiedenen Programmen der EU verankert werden. Gleichzeitig ist der spezifischen Frage des hohen Anteils der Beschäftigung von Frauen, ausländischen und Zeitarbeitskräften besondere Aufmerksamkeit zu widmen, und geeignete Förderaktivitäten sind zu unterstützen.

Die Erfahrungen aus dem deutschen Bundesland Brandenburg, aus dem ich komme und das ja zu den Ziel-1-Gebieten gehört, zeigen, daß mit der gezielten Förderung kleiner touristischer Einrichtungen nicht nur eine Vielzahl von Arbeitsplätzen erhalten bzw. geschaffen wurden, sondern die Entwicklung im ländlichen Raum durch Förderung des sanften Tourismus, z.B. unter Einbeziehung von Naturschutzgebieten, wesentlich vorangebracht wurde. Und dazu haben auch in der Vergangenheit die EU-Fonds in beträchtlichem Maße beigetragen.