Redebeitrag zu den Europäischen Postdiensten

Helmuth Markov am 18. Februar 2000 vor dem EP

Ich kann mich der Auffassung anschließen, wonach unter dem Blickwinkel der Effizienz und der Analyse der angebotenen Serviceleistungen im Verhältnis zu den Kosten weitere Fortschritte erreicht werden müssen.

Warum dies allerdings immer nur unter den Stichworten „Privatisierung“ und „Liberalisierung“ zu erreichen sein soll, leuchtet selbst mir – und ich bin Unternehmer – überhaupt nicht ein! Es sei denn, man kümmert sich nicht um gleiche Zugangsbedingungen für alle zu den Postdiensten, sondern macht sich ausschließlich Gedanken über die Kapitalverwertungsbedingungen für Unternehmen in großen Agglomerationszentren. Abgeordnete sollten aber Vertreter aller Bürger sein, und das heißt, sie sind verpflichtet, nicht betriebswirtschaftlich, sondern volkswirtschaftlich zu denken.

Das heißt ganz konkret für die Postdienste: Erstens, die Frage der Beschäftigung muß Vorrang haben. Ich habe nichts gegen Liberalisierung und Privatisierung, aber die Prämissen müssen stimmen.

Zweitens: Es muß garantiert werden, daß es zu keiner Verringerung von Serviceleistungen für den Bürger kommt. Beispiele in den Ländern Deutschland und Schweden zeigen, daß diese Gefahr durchaus besteht. Herr Stenmarck, Schweden ist das einzige Land, in dem die Preise nach der Liberalisierung entschieden stärker nach oben gegangen sind als in allen anderen Mitgliedstaaten dieser Europäischen Union. Das ist eben auch ein Effekt, der dabei entstehen kann. Da müssen wir vorsorgen, daß das nicht passiert.

Drittens: Unerläßlich bleibt erstens die universelle Postdienstleistung zu einem bezahlbaren Preis für jeden Bürger, an jedem Ort, zweitens, die Beibehaltung eines Einheitspreises für alle Mitgliedstaaten, und drittens, eine tägliche Postzustellung und Abholung an Arbeitstagen. In der Frage des Preis-Leistungsverhältnisses bei den jeweiligen Gewichtsklassen von Postsendungen kann man über weitere Preisreduzierungen nachdenken; das sagt die Post auch selber. Man muß nicht bei über 300g bleiben, wobei die Analyse besagt, daß ein Mindestmaß von 150g gewährleistet sein muß, damit sich das überhaupt noch rechnet.

Ich glaube, insofern war die Diskussion heute richtig und wichtig, damit Herr Bolkestein weiß, wie sich dieses Parlament positioniert, damit er Dinge von vorneherein mitberücksichtigen kann.