Plenarfokus Juni 2018

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments

11. – 14. Juni 2018, Straßburg

Pressekonferenz:
Dienstag, 12. Juni 2018, 11 Uhr 30
mit Gabi Zimmer, Vorsitzende der Linksfraktion GUE/NGL
EP-Pressesaal Daphne Caruana Galizia
(LOW N-1/201)

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  • MdEP Gabi Zimmer, Vorsitzende der EP-Linksfraktion GUE/NGL
    Stellungnahmen von Rat und Kommission: Vorbereitungen des Ratsgipfel-Treffens am 28 und 29 Juni
    Debatte am Dienstagmorgen, 12. Juni, ab ca. 9 Uhr

„Die Kommission schlägt einen neuen siebenjährigen Haushalt (MFR) vor, der die drängenden Probleme und die Sorgen der EU-Bürger*innen verkennt. Der EU-Haushalt sollte eine Strategie verfolgen, die den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt stärkt. Doch die Kommission will mehr Geld in die Abschottung Europas und in Konjunkturprogramme für Rüstungskonzerne stecken. Dafür will sie in der Kohäsionspolitik und den Sozialfonds kürzen, von denen die Bürger*innen in allen Regionen profitieren. Geld will die Kommission nur zahlen, wenn sich EU-Staaten nach den neoliberalen Reformwünschen der Kommission richten. Dieser Vorschlag taugt nicht für das 21. Jahrhundert. Der Europäische Rat muss die Kommission auffordern, die Logik der Kürzungsdiktate zu stoppen und das Wohlstandsgefälle zwischen armen und reichen Regionen in der EU zu verringern.

Die EU ist sich bei der Reform der Asyl- und Migrationspolitik nicht einig und lässt die südeuropäischen Staaten weiter im Stich. Der vorgeschlagene Kompromiss der bulgarischen Ratspräsidentschaft löst dieses Problem nicht. Solange die EU-Staaten nicht solidarisch zusammenarbeiten, Menschen auf der Flucht nicht fair in der EU verteilt werden, scheitert die EU an einer menschenwürdigen Politik.“

 

  • MdEP Cornelia Ernst, Sprecherin der Delegation
    ‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Implementierung und Verlaufskontrolle der nationalen Roma-Integrations-Strategien‘
    Debatte Mittwochnachmittag, ab ca. 17 Uhr

„Noch immer sind in Europa Sinti und Roma vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt. Viele müssen auch heute noch ausgegrenzt und in Armut leben. Die Ziele, die mit der Rahmenstrategie zur Inklusion der Roma erreicht werden sollten, sind weitgehend verfehlt worden. Damit eine Nachfolgestrategie erfolgreich sein kann, muss sie, anders als bisher, verbindliche Zielvorgaben machen und die Bekämpfung von Rassismus in den Mittelpunkt stellen.“

 

  • MdEP Sabine Lösing, friedenspolitische Sprecherin der Delegation
    Der anstehende Beginn der Verhandlungen um ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) (Oral Question)
    Debatte am Dienstag, 12. Juni, ab ca. 19 Uhr

„Die Neuverhandlung des EU-AKP-Partnerschaftsabkommens ist in vollem Gange. Aus unserer Sicht ist klar, dass es sich hierbei um eine Partnerschaft auf Augenhöhe handeln muss, bei der die Entwicklung in den Partnerländern der EU im Vordergrund stehen und gefördert werden muss. So dürfen beispielsweise die Wirtschaftlichen Partnerschaftsabkommen (EPAs) mit den AKP-Staaten kein Instrument sein, um die Märkte in den Partnerländern mit hochsubventionierten europäischen Agrarprodukten auf Kosten der lokalen Agrarwirtschaft zu fluten und auch kein Mittel, sich die billige Versorgung mit Rohstoffen mittelfristig zu sichern und die Entwicklung heimischer Industrie weiterhin zu verhindern. Die dringend notwendigen Verbesserungen der parlamentarischen Mitbestimmung und die Stärkung der politischen Einflussnahme der Parlamentarischen Versammlung auf die aktuelle Politik sind aus unserer Sicht ebenfalls wichtige Punkte.“

 

  • MdEP Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der Delegation
    Paket zur Wirtschafts- und Währungsunion‘ (Oral Question)
    Debatte am Mittwochmorgen, ab 9 Uhr

„Reformhilfeprogramme sind Hilfen für die neoliberale top-down Agenda. Mit dem Vorschlag, das ‚Instrument zur Unterstützung von Strukturreformen‘ zu verlängern und massiv aufzustocken, will die EU-Kommission die Verknüpfung der europäischen Regional- und Förderpolitik mit dem Europäischen Semester vorantreiben. Und noch bevor darüber verhandelt wurde, versucht sie im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) ab 2021 den Nachfolger, das Reformhilfeprogramm, fest zu etablieren. Es steht zu befürchten, dass auf diese Weise eine wirtschaftsliberale Agenda dort durchgesetzt werden soll, wo die EU bisher wenig Kompetenzen bei der Durchsetzung besitzt. Unter dem Haushaltstitel ‚Kohäsion und Werte‘ soll ein Budget in Höhe von 22 Milliarden Euro geschaffen werden, mit dem die Reformvorschläge aus dem Europäischen Semester – an deren Definition das Europaparlament und die regional Ebene nicht beteiligt sind – in den Mitgliedstaaten ‚eingekauft‘ werden können. Allein die Kommission soll dann über deren Einhaltung wachen. Die Erfahrung aus den Troika-Programmen zeigt, dass solche ‚freiwilligen‘ Reformvereinbarungen eher auf Flexibilisierung von Lohnfindungsmechanismen, Deregulierung der Arbeitsmärkte oder Einsparungen bei Renten- und Sozialsystemen zum Zweck der Haushaltskonsolidierung zielen. Das Geld wäre besser in den Strukturfonds für territorialen und sozialen Zusammenhalt angelegt. Lohn-, Sozial- und Steuerdumping lassen sich darüber hinaus nur wirksam verhindern, indem man mit EU-Gesetzgebung ambitionierte europäische Mindeststandards festlegt.“

 

  • MdEP Martina Michels, kulturpolitische Sprecherin der Delegation:
    ‚Strukturelle und finanziellen Hürden beim Zugang zur Kultur‘
    Debatte am Mittwochabend, ab ca. 19 Uhr

„Einmal mehr wird Kulturpolitik so spät wie nur irgend möglich verhandelt. Und dies, obwohl gute Rahmenbedingungen für Kulturproduzent*innen, kulturelle Bildung und kulturelle Einrichtungen ganz erheblich sind, um den demokratischen Dialog in und über Europa zu beleben, zu qualifizieren und mit Geschichte und Visionen zu stärken. Es gibt keinen Grund, derartige politische Ansätze irgendwo hinter Finanzpolitik, Asylpolitik oder Landwirtschaft zu platzieren, doch die Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker sind in der Hinsicht Kummer gewöhnt.
Zugleich sind sie sich hier seltsam einig darin (von Christdemokratie und Konservativen bis hin zu den Linken), dass hier – wenn auch überwiegend in der Verantwortung der Mitgliedstaaten – wesentlich mehr Impulse aus europäischer Perspektive kommen müssen. Wir benötigen praktikable Vorschläge und sollten einheitliche Modelle bei der grenzüberschreitenden Steuererhebung entwickeln, damit Künstlerinnen und Künstler bei europaweiten Auftritten nicht permanent unter dem Damoklesschwert der Doppelbesteuerung arbeiten müssen. Ich war hier die zuständige Unterhändlerin für die Linksfraktion und habe bei dem Bericht, neben diesen Änderungsvorschlägen, auch viele andere zur Verbesserung einer stabilen Infrastruktur von kulturellen Institutionen einbringen können.“

 

  • MdEP Martina Michels, regionalpolitische Sprecherin der Delegation:
    ‚Kohäsionspolitik und Kreislaufwirtschaft: sinnvolle Partnerschaft‘
    Debatte am Mittwochnachmittag, ab ca. 16 Uhr; Abstimmung am Donnerstag

„Die Verwirklichung der Ziele des Pariser Klimaschutzübereinkommens setzt auch den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft voraus. Diese geht über die Abfallwirtschaft hinaus und umfasst auch die Förderung umweltfreundlicher Arbeitsplätze, erneuerbarer Energie, Ressourceneffizienz, Bioökonomie, Wasserwirtschaft, Energieeffizienz, Forschung, Entwicklung und innovative Maßnahmen im Umweltschutz sowie zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und Abfällen im Meer. Zugleich ist die Reduzierung linearer Produktions- und Konsummuster und die Neugestaltung der Infrastruktur der Abfallbewirtschaftung ein ganz zentrales Ziel.

Kohäsionspolitik kann das Ziel der Transformation hin zu nachhaltigerem modernen Wirtschaften unterstützen. Dazu ist auch eine bessere Abstimmung mit den nationalen Plänen in den Bereichen Energie und Klimaschutz für den Zeitraum bis 2030 erforderlich. Motor der Maßnahmen für die Kreislaufwirtschaft können vor allem die Städte und Gemeinden sein, denn auf lokaler und regionaler Ebene stellen sich die Herausforderungen und Chancen konkret und können bürgernah angegangen werden. Bei der Unterstützung der Kreislaufwirtschaft vor Ort durch die europäische Regionalförderpolitik geht es nicht nur um Infrastrukturmaßnahmen, sondern auch um sozialen Zusammenhalt und Solidarität. Gemeinsam können auf diese Weise Antworten auf die Herausforderung, klimabezogene Probleme in ihrer Vielschichtigkeit bewältigen zu müssen, entwickelt werden.“

 

  • MdEP Martin Schirdewan, finanzpolitischer Sprecher der Delegation
    Paket zur Wirtschafts- und Währungsunion sowie Stellungnahmen von Rat und Kommission: Vorbereitungen des Ratsgipfel-Treffens am 28 und 29 Juni‘ (Oral Question)
    Debatte am Dienstagmorgen, 12. Juni, ab ca. 9 Uhr

„So, wie es ist, kann es nicht weitergehen. Nur mit einer koordinierten Wirtschafts-, Geld- und Finanzpolitik kann die Eurozone auf eine nachhaltige Basis gestellt werden. Dazu braucht es vor allem ein Umdenken in Deutschland. Die Bundesregierung muss ihrem Glauben an die schwarze Null absagen und ihre schädlichen Leistungsbilanzüberschüsse abbauen. Löhne und öffentliche Investitionen müssen gestärkt werden. Anstatt des widersinnigen Stabilitäts- und Wachstumspakts brauchen wir eine goldene Investitionsregel und die Möglichkeit für Zentralbanken, öffentliche Investitionen zu finanzieren. Nur so wird sich die viel beworbene Konvergenz in unserer Gemeinschaft auch erreichen lassen.“

 

  • MdEP Helmut Scholz, nachbarschaftspolitischer Sprecher der Delegation
    ‚Weitere Makrofinanzhilfen für die Ukraine‘
    Debatte am Dienstag, 12. Juni, ca. ab 21 Uhr

„Erneute Finanzhilfe für die Ukraine, nun erstmals mit sozialpolitischen Konditionen: Eine Mehrheit des Europäischen Parlaments wird einem Gesetzentwurf der EU-Kommission zustimmen, mit dem der Ukraine weitere Finanzhilfen in Milliardenhöhe aus dem EU-Haushalt gezahlt werden können. Noch im Februar hatte die Kommission die Auszahlung von Mitteln an die Ukraine verweigert, weil diese sich nicht an die Auflagen gehalten hatte, insbesondere im Bereich der Korruptionsbekämpfung aktiv zu werden. Unsere Anträge, das Gesetz um Paragraphen mit klaren Konditionen zu erweitern, wurden von Kommission, Rat und Berichterstatter mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Zeit dränge. Meine Fraktion kritisiert, dass es sich bei dieser Eilentscheidung zu diesem Zeitpunkt um einen sehr teuren Akt der Wahlkampfhilfe für die Regierung Poroschenko handelt.

Immerhin: auf Initiative der Linken mussten sich der Rat und die Kommission zuvor jedoch schriftlich verpflichten, dass die mit der Auszahlung verbundenen Auflagen den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft der Ukraine nicht gefährden. Neben ökonomischen und fiskalischen Auflagen wurde Armutsbekämpfung nun erstmals zum Ziel erhoben. Die EU-Kommission wird über die sozialen Auswirkungen der Politiken berichten müssen. Die Linke konnte auch durchsetzen, dass die Regierung der Ukraine endlich verstärkt gegen Steuerbetrüger*innen vorgehen muss. Erfolgt dies nicht und wird auch nicht die Gesetzgebung zur Bekämpfung der Korruption durchgesetzt, inklusive eines spezialisierten Gerichts, soll die Kommission die Auszahlung der Finanzhilfe verweigern.“