Für mehr Transparenz und öffentliche Beteiligung: Fachministerkonferenzen der Bundesländer einbeziehen!
Von Anita Tack, Brandenburgs Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, DIE LINKE
Mehr öffentliche Beteiligung und Transparenz und keine Geheimdiplomatie sind bei den Verhandlungen der EU-Kommission über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft notwendig. Sonst besteht die Gefahr, dass Belange des wirtschaftlichen als auch des gesundheitlichen Verbraucherschutzes auf der Strecke bleiben. In beiden Bereichen gibt es berechtigte Sorgen, dass es zur Lockerung bestehender Standards kommen könnte. Brandenburg fordert deshalb die Einbeziehung der Fachministerkonferenzen und der entsprechenden Fachgremien des Bundes im Bereich des Verbraucherschutzes.
Die EU-Kommission hat von den Mitgliedstaaten ein Mandat für Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) für das Freihandelsabkommen mit den USA erhalten. Chefunterhändler der EU bei den Verhandlungen ist Herr Ignacio Garcia Bercero, gleichzeitig Direktor in der Generaldirektion für Handel bei der Europäischen Kommission. Zum Stand der Verhandlungen gibt es leider keine konkreten Aussagen. Herr Bercero sagte vor dem Bundestagsausschuss für Wirtschaft am 10.2.2014 lediglich, er sei sicher, dass sich die Verhandlungen bis in die Amtszeit der nächsten Europäischen Kommission fortsetzen werden. Da auch die USA einen „politischen Kalender“ hätten, müsste man sehen, wie man im Laufe des Jahres 2015 vorankäme.
Im Wesentlichen geht es um Abbau von Handelsschranken, unter anderem durch den Wegfall noch bestehender Zölle oder die gegenseitige Anerkennung von Standards. Eine große Herausforderung für beide Seiten ist die Festlegung von gemeinsamen Grundsätzen und Kooperationsgrundlagen. Von dem Freihandelsabkommen sind ca. 800 Millionen Menschen, also 11,5 % der Weltbevölkerung und 45% der Weltwirtschaft (gemessen an den Kernbereichen der Weltwirtschaft) betroffen, ebenso 30% des Welthandels von Wirtschaftsgütern.
Positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungszahlen werden von den Befürwortern des Abkommens immer wieder behauptet, von den Gegnern hingegen angezweifelt. Belegen ließen sich die Zahlen sowieso erst nach Abschluss des Abkommens, da es bisher, wie immer wieder festgestellt, keine konkreten Aussagen zu den zu verhandelnden Punkten gibt.
Zusammengefasst handelt es sich um ein Jahrhundertprojekt, da der Großteil der Weltwirtschaft in einem Markt vereint wäre. Dies birgt natürlich auch Risiken wie Unvereinbarkeiten, unterschiedliche Normen und Standards, Gefahr der Übervorteilung eines Wirtschaftsraumes zugunsten des anderen.
Da weder die Bundesländer noch die Parlamente in die Verhandlungen einbezogen sind, ist hier von einem undemokratischen Prozess auszugehen. Sogar das EU-Verhandlungsmandat war lange Zeit unbekannt. Die Einbindung in die Verhandlungen bleibt zumindest auf europäischer Ebene nur bestimmten Lobbyisten, ausgesuchten Unternehmensvertretern und speziellen Anwaltskanzleien vorbehalten. Das Vertrauen in die EU wurde erschüttert.
Konkret könnten EU-Standards (Verbote und Kennzeichnungspflichten) für gentechnisch veränderte Lebensmittel unterlaufen werden. In den USA sind 90 Prozent des verwendeten Mais, der Sojabohnen und der Zuckerrüben gentechnisch verändert. Ebenso könnte das Verbot des Einsatzes von mit Hormonen erzeugtem Fleisch unterlaufen werden.
Ein großer Schritt wäre es, wenn zumindest eine stärkere Befassung der zuständigen Fachministerkonferenzen erreicht werden könnte. Dann wären auch über die Fachminister die Bundesländer einbezogen. Über diese Ebene könnte auch eine Anhörung des Chefunterhändlers auf Ebene der Bundesländer (Bundesrat oder Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) / Umweltschutzministerkonferenz (UMK)) erwirkt werden. Die Bundesratsentschließung von 2013 muss Grundlage der Verhandlungen bleiben, nur so kann das hohe Schutzniveau in Bezug auf die Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit aufrechterhalten werden. Die Nulltoleranz für Saatgutimporte muss ebenfalls erhalten bleiben. Auch das EU-Importverbot von bisher nicht zugelassenen Produkten und Lebensmitteln muss umgesetzt werden.