EU-Gipfeltreffen: Dosentelefone und die wahren Ursachen der Krise
Überraschungen sind vom Gipfeltreffen der EU-Regierungschefs nicht zu erwarten: Abgesehen von der Aufregung um das #merkelphone und Überlegungen, bei offiziellen Telefonkonferenzen künftig Dosentelefone zu nutzen, wird der Rat eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung verabreden.
Jürgen Klute, MdEP DIE LINKE., Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, kritisiert die einseitige Ausrichtung des Rates. „Ich habe zunehmend den Eindruck, wir haben es hier mit einem Rat der Einäugigen zu tun. Der Internationale Währungsfonds und durchaus anerkannte Ökonomen weisen immer wieder und mit Nachdruck darauf hin: Solange nur stoisch auf die Defizite geblickt wird, die zum Beispiel von Deutschland aufgehäuften Außenhandelsüberschüsse aber ignoriert werden, kann die Währungsunion nicht funktionieren – all das stößt beim Rat und vor allem bei Angela Merkel auf taube Ohren.“
Die Rechnung ist einfach: Innerhalb der Währungsunion, in die ein Großteil der deutschen Exporte ausgeführt werden, kann nur soviel exportiert werden, wie von anderen importiert wird. Deutschland ist also Teil des Problems.
„Ein schneller und einfacher Weg wäre die Stärkung der Binnennachfrage – beispielsweise durch Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Hier großzügig zu investieren würde Nachfrage in Deutschland – und damit in der gesamten EU – schaffen, der deutsche Exportdruck würde nachlassen und die Südländer könnten zumindest für den Moment aufatmen.“
Bei der nun endlich Fahrt aufnehmenden Bankenaufsicht ist Klute weniger kritisch, mahnt allerdings an, dass der Rat sich endlich auf ein tragfähiges Modell für die Bankenabwicklung einigen solle. Vor allem die Bundesregierung hat sich gegen den Vorschlag gestellt, dass über die Refinanzierung systemrelevanter Banken auf europäischer Ebene entschieden werden soll. „Der jüngste Vorschlag aus Berlin, bei einer eventuell erforderlichen Bankenrettung zunächst alle nationalen Parlamente zu befragen, kann dazu führen, dass zu viel Zeit verstreicht und wir einen Bankrun oder eine unkontrollierte Insolvenz mit schwer vorhersagbaren Folgen erleben. Wenn es dem Rat ernst ist mit der Schaffung eines Europäischen Abwicklungsmechanismus, dann muss dieser auch auf europäischer Ebene eingerichtet und dort verantwortlich verankert werden.“
Strasbourg, 24. Oktober 2013