Amnesty-Bericht: Menschenrechte brauchen starke Lobby
Amnesty International hat am Donnerstag seinen jüngsten Jahresbericht veröffentlicht. Trotz zahlreicher Fortschritte bleibt noch viel bei Schutz und Durchsetzung der Menschenrechte zu tun, erklärt Helmut Scholz, Europaabgeordneter der LINKEN:
Honduras: Menschenrechtsverletzungen während und nach dem Putsch. Palästinensische Gebiete: Tötung und Verwundung von Zivilisten im Gaza-Krieg. Russland und Georgien: Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht während der militärischen Auseinandersetzung um umstrittene Gebiete. USA: Noch immer keine Auflösung des Gefangenenlagers auf Guantanamo. China: Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten und Verhängung der Todesstrafe. Iran: Todesstrafen für Homosexuelle und andere Minderheiten sowie vor allem regimekritische Studenten und Frauenbewegungsaktivistinnen. Kolumbien: immer neue Funde von Massengräbern ermorderter Menschen. EU: Abschottung vor Flüchtlingen, die zahlreiche Opfer fordert.
Dies sind nur einige wenige Beispiele für die gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die Amnesty International in seinem jüngsten Jahresbericht auflistete. Und noch immer bleibt der größte Teil von Verstößen gegen internationale Konventionen ohne Konsequenzen – seien es Übergriffe in militärischen Konflikten, sei es die Todesstrafe, sei es das Vorenthalten wirtschaftlicher und sozialer Rechte oder sei es die Missachtung von Grundrechten im „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“.
Wesentliche Verantwortung dafür tragen insbesondere auch die Großmächte und Staaten mit starkem internationalen Einfluss, die Menschenrechte zu oft nach eigener Interessenlage definieren und umsetzen. Das ist nicht nur ein schlechtes Beispiel für andere Staaten – sondern auch doppelzüngig und scheinheilig.
Über 60 Jahre nachder Annahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte brauchen diese noch immer eine starke Lobby, die Regierungen, Konfliktparteien und Militärs zur Einhaltung der Grundrechte bewegt. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig – ob mit Informationskampagnen, ob mit Aktionen auf der Straße oder in den Parlamenten. Das Europäische Parlament sollte für Amnesty International und andere Menschenrechtsaktivisten ein stärkerer Partner als bisher sein. Es bleibt viel zu tun: Aktuell – gerade in der gegenwärtig die EU erfassenden Finanz- und Wirtschaftskrise – wäre beispielsweise endlich die längst überfällige Ratifizierung der internationalen Flüchtlingskonvention durch die EU und alle 27 Mitgliedsstaten (inklusive Deutschland) ein wichtiger Schutz für die vielen in der EU offiziell registrierten MigrantInnen und ein Schritt hin zur Durchsetzung der Menschenrechte für alle.