Visa-Freiheit ja, aber nicht als Entscheidung nach Gutsherrenart!

Cornelia Ernst

Die Europäische Kommission plant die Aufhebung der Visumspflicht für die westlichen Balkanstaaten. Dazu erklärt die Europaabgeordnete Cornelia Ernst (DIE LINKE.):

Die aktuelle Visaregelung hat zu einer Isolation und Diskriminierung der Bürgerinnen und Bürger der Länder des westlichen Balkans geführt. Der Vorschlag der Kommission zur Visa-Liberalisierung für Mazedonien, Montenegro und Serbien ist daher ausdrücklich zu begrüßen. Problematisch ist jedoch, dass die Neuregelung mit Rückführungsabkommen zur Flüchtlingsabschiebung sowie mit dem Diktat biometrischer Daten auf Pässen verbunden ist. Ich meine: Visa-Freiheit ja, aber nicht als Entscheidung nach Gutsherrenart! Freizügigkeitsrechte in Europa dürfen nicht mit dem Zwang einhergehen, bei der Abschiebung von Flüchtlingen Beihilfe zu leisten. Der Schutz personenbezogener Daten ist mit der Akzeptanz biometrischer Pässen nicht vereinbar.

Inakzeptabel ist auch die Ausnahme eines Teils der westlichen Balkanstaaten aus der Visa-Liberalisierung. Daher unterstütze ich die Vorschläge der Europaabgeordneten und Berichterstatterin im Innenausschuss, Tanja Fajon, zügig eine Aufhebung der Visumspflicht für Albanien, Bosnien und Herzegowina zu erwirken. In Bosnien und Herzegowina leben Kroaten und Serben, die im Unterschied zur bosnischen Mehrheit (meist Muslime) Reisefreiheit nach der Neuregelung genießen können. Damit wird die Reisefreiheit de facto nach ethnischer Herkunft geregelt und der angespannten Situation auf dem Westbalkan ein Bärendienst erwiesen. Was den Umgang mit dem Kosovo betrifft, so folge ich den Vorschlägen des Fajon-Berichts und spreche mich explizit für eine Visa-Liberalisierung im Kosovo aus. Doch dies darf nicht den Status des Kosovos als integraler Bestandteil Serbiens in Frage stellen. Eine Annäherung der EU und des Kosovos in Fragen der Visapolitik darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass über die Anerkennung des Kosovos als eigenständiger Staat innerhalb der EU kein Konsens herrscht. Insofern stellen Liberalisierungsmaßnahmen mit dem Kosovo ein Grundsatzproblem dar.
Cornelia Ernst ist für die GUE/NGL Fraktion Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres