EU-Referendum in Irland: Barrosos vergiftete „Solidaritätsgabe“
Die Europäische Kommission wurde im Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments für ihr Vorgehen im Fall der Standortverlagerung des Computerherstellers Dell von Irland nach Polen heftig kritisiert. Der zweitgrößte Computerhersteller der Welt hatte im Januar 2009 bekannt gegeben, sein Werk im irischen Limerick zu schließen und ein neues in Lodz (Polen) zu errichten.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Beschäftigungskommissar Vladimir Spidla hatten Ende September 2009 angekündigt, die EU werde „Solidarität“ mit den entlassenen Beschäftigten von Dell in Irland üben. Der EU- Globalisierungsfonds soll 14,8 Mio. beisteuern, um arbeitsmarktpolitische Maßnahmeprogramme für 2400 von der Standortschließung in Irland betroffene Beschäftigte zu finanzieren. Wenige Tage später gab EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes bekannt, dass die Kommission eine Investitionsbeihilfe von 54,5 Mio. für die Errichtung des neuen Dell-Standorts in Polen genehmigt hat. Dell hätte das neue Werk in jedem Fall gebaut, so die Kommission, aber ohne Beihilfen an einem anderen Ort. Dell will für 3,9 Mrd. den IT-Dienstleister Perot übernehmen, verfügt also über ausreichend liquide Mittel.
„Die ‚Solidaritätsgabe‘ der EU-Kommission für die entlassenen Dell-Beschäftigten sollte die Ja-Kampagne für den Lissabon-Vertrag in Irland beflügeln. Jetzt zeigt die EU ihr wirkliches Gesicht: der europäische Steuerzahler blecht für die sozialen Folgekosten der Werksschließung in Irland, und das Unternehmen wird für seine Standortverlagerung und seine Jagd nach höheren Renditen fürstlich mit Beihilfen belohnt. Diese EU ist ein Paradies für Konzerne, die aus jeder sozialen Verantwortung für ihre Beschäftigten entlassen werden. Die irische Bevölkerung hat jeden Grund, am 2. Oktober gegen den neoliberalen Vertrag von Lissabon zu stimmen“, kommentiert Thomas Händel.
„Was ist von den großen Sprüchen von Sarkozy und Merkel geblieben, dass es angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise neue feste Regeln für die Märkte und eine neue Ethik geben müsse?“, fragt Gabi Zimmer. „Die Krise schlägt in den nächsten Monaten auf den Arbeitsmarkt durch, eine Welle von Entlassungen steht bevor. Wir fordern, das bestehende EU-Regelwerk zu Massenentlassungen unverzüglich zu überarbeiten. Massenentlassungen müssen genehmigungspflichtig gemacht werden können. Unternehmen, die schwarze Zahlen schreiben, müssen so verpflichtet werden, für Weiterbeschäftigung oder Ersatzarbeitsplätze für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzukommen“, so Zimmer.
„Die Empörung der Kolleginnen und Kollegen auch aus den anderen Fraktionen über das zynische Vorgehen der EU-Kommission ist berechtigt. Sie müssen sich aber auch an der eigenen Nase packen. Schließlich haben sie gegen den Widerstand der Linksfraktion im EP ein Konzept für den EU-Globalisierungsfonds durchgesetzt, das die Unternehmen von jedweder sozialen Verantwortung für ihre Beschäftigten befreit. Sie können darauf setzen, dass der EU-Globalisierungsfonds die sozialen Folgekosten ihrer Standortschließungen übernimmt. Die Linksfraktion im EP fordert ein anderes Konzept: einen EU-Restrukturierungsfonds gemäß dem Vorschlag des damaligen IG Metall Vorsitzenden Jürgen Peters, der durch eine EU-weite Verlagerungsabgabe finanziert wird. So müssten Unternehmen zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen bei Verlagerungsvorhaben beitragen“, erläutert Händel.