G20: Entwicklungsländer dürfen bei Bewältigung der Krise nicht ausgeklammert werden

Der EU-Abgeordnete und Mitglied des Wirtschafts- und Währungsausschusses Jürgen Klute zum G20-Gipfel in Pittsburgh:

„Krisenbearbeitung der G20 geht bislang komplett an den Interessen der Menschen in den Entwicklungsländern vorbei. Nach einem neuen Bericht der Weltbank werden durch die Wirtschafts- und Finanzkrise zusätzlich 89 Millionen Menschen in extreme Armut fallen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass dies mehr als die Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Die aktuelle Krise ist im Begriff, über Jahrzehnte hart erarbeitete Erfolge in der Armutsbekämpfung im Globalen Süden zunichte zu machen. Nettokapitalzuflüsse in die ärmsten Länder werden dieses Jahr im Vergleich zu 2007 voraussichtlich um die Hälfte einbrechen. Vom Rückgang des weltweiten Handels, dem Verfall der Rohstoffpreise, einem Einbruch im Tourismussektor und deutlich geringeren Rücküberweisungen von Migranten werden die Entwicklungsländer empfindlich getroffen.
Dass diese Länder nun bei der Suche nach Lösungen nicht mitreden dürfen, ist aus sachlichen Gründen nicht nachvollziehbar. Seit März diesen Jahres liegt ein im Auftrag der UNO ausgearbeiteter Bericht des Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stiglitz vor, in dem gezeigt wird, wie eine weitreichende Neuordnung des Finanzsystems aussehen kann. Als der Bericht im Juni bei einer UN- Sonderkonferenz in New York diskutiert werden sollte, erschien kein einziger der nun in Pittsburgh tagenden westlichen Staats- und Regierungschefs.
Ganz anders das Europäische Parlament: hier entschieden die Mehrheitsfraktionen, auf eine Stellungnahme im Vorfeld des Pittsburgh-Gipfels freiwillig zu verzichten. Wie so Einfluss auf Diskussionsprozesse genommen werden soll, ist mir schleierhaft. Dabei gehen die in der Öffentlichkeit diskutierten Maßnahmen lange nicht weit genug. Eine Begrenzung der Boni-Zahlungen an Banker sollte selbstverständlich sein, es muss aber vor allem über die Bankgeschäfte selbst geredet werden, die solche horrenden Löhne erst ermöglichen.“