Geringe Lohnsteigerungen bis 2013 unverantwortlich – die Bundesrepublik muss sich endlich von einseitiger Exportorientierung verabschieden
Die Bundesregierung rechnet mit nur geringen Lohnsteigerungen bis 2013. Damit soll der fatale Weg der Exportförderung durch sinkende Arbeitskosten fortgesetzt werden, obwohl er globale Ungleichgewichte befördert und die Europäische Währungsunion belastet.
Kanzlerin Angela Merkel irrt sich, wenn sie behauptet, die Bundesrepublik habe „über ihren Verhältnissen“ gelebt. Tatsächlich lebt die Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik seit Jahren unter ihren Verhältnissen. Dies erweist sich angesichts der andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise als fatal, erklären Ulla Lötzer, MdB, Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl für die LINKE.NRW und Jürgen Klute, Europaabgeordneter der LINKEN aus Herne. Die Bundesrepublik wird ihrer Verantwortung als größte Volkswirtschaft innerhalb der Europäischen Union nicht gerecht, wenn sie ihren Kurs der einseitigen Exportorientierung fortsetzt.
„In den letzten zehn Jahren hat Deutschland seine Marktanteile in der EU auf Kosten anderer Länder erweitert“, betont Jürgen Klute, „allerdings war das nur möglich zulasten einer fairen Entwicklung der Löhne und Gehälter“. Tatsächlich seien die Arbeitsentgelte in der Bundesrepublik im Vergleich zu EU-Ländern mit ähnlich hohen Arbeitskosten kaum gestiegen. Aufgrund der Preissteigerungen im selben Zeitraum seien die Löhne real sogar über 4 % zurückgegangen, wie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) bei der Hans Böckler-Stiftung berechnet habe.
„Die Bundesregierung geht in ihrer Finanzplanung davon aus, dass die Arbeitsentgelte noch bis 2013 nur mäßig steigen sollen. Damit ist klar: Von einem Kurswechsel weg von der Exportabhängigkeit, hin zu einer ausgeglichenen Entwicklung mit Stärkung der Binnenwirtschaft kann keine Rede sein“, kritisiert Ulla Lötzer die Agenda der Großen Koalition. Schon im Finanzplan des Bundes 2008-2012 sei die nur geringe Zunahme der Arbeitsentgelte mit der Folge stärker steigender Vermögens- und Unternehmenseinkommen ausdrücklich begrüßt worden, heben beide Abgeordnete hervor.
Jürgen Klute bemerkt: „Steinbrück, Merkel und die Bundesregierung irren sich aber, wenn sie glauben, mit einem ‚weiter so‘ Beschäftigung auszubauen und Wohlstand für alle sichern zu können“. Denn eine Exportstrategie könne nur dann erfolgreich sein, wenn sich dauerhaft andere Länder bereit erklären, immer mehr deutsche Exporte aufzunehmen und bleibende Außenhandelsdefizite zu dulden. Aufgrund der Krise müssten aber traditionell stark importierende Länder wie die USA, Großbritannien und Spanien ihre Defizite abbauen. Schon eine Reduzierung der Ungleichgewichte um ein Drittel bedeutete für Deutschland einen negativen Wachstumsimpuls von zwei Prozentpunkten.
„Deutschland würde seine Exportanteile dort nur halten können, wenn es seinen Lohnsenkungswettlauf noch stärker verschärft und andere Bewerber verdrängt“, hält Ulla Lötzer fest. Dadurch würden nicht nur die Beschäftigten in Deutschland von der Wohlstandsentwicklung immer weiter abgehängt, sondern die anderen europäischen Nachbarländer unter übermäßigen Wettbewerbsdruck gesetzt. Während die Bundesregierung eine Stärkung der Binnennachfrage durch mehr öffentliche Investitionen und eine gerechte Steuerpolitik verweigert, bliebe sie darauf angewiesen, dass andere Länder ihre Nachfrage nach deutschen Ausfuhren aufrechterhalten, indem sie sich im Zweifallsfall verschulden.
„Der rhetorische Kurswechsel der SPD zu einer sozial gerechteren Politik ist nicht das Papier wert, auf dem er angekündigt wird, solange sie an Personen wie Steinbrück und Steinmeier festhält“, kritisieren die beiden Abgeordneten einmütig. Notwendig seien einerseits Lohnerhöhungen, die mindestens mit Produktivitätsfortschritten und der Preissteigerungsrate gleichziehen, sowie andererseits ein radikales Umsteuern mit einem Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP) in Höhe von 100 Milliarden Euro, um sozial und ökologisch aus der Krise herauszuwachsen. Gleichzeitig fordert Die LINKE einen Zukunftsfonds von 100 Milliarden Euro, der einen Strukturwandel der Industrie in diesem Sinne unterstützen soll.