Was tut Ihr da eigentlich in Brüssel?
Europakolumne für den Oranienburger Generalanzeiger
Was tut Ihr da eigentlich in Brüssel?
Na Gesetze machen, ganz ähnlich wie im Bundestag.
Ah ja, davon haben wir gehört – Ihr entscheidet, wie krumm eine Gurke sein darf.
Vom Prinzip stimmt das, denn solche Fragen fallen unter die Gesetzgebungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft im Bereich des gemeinsamen Binnenmarktes. Das Krumme-Gurken-Gesetz wurde allerdings im November 2008 wieder abgeschafft.
Trotzdem lässt sich vermuten, dass Lieferbetriebe und Supermärkte auch weiterhin ziemlich gerade Gurken bevorzugen werden, weil die sich effizienter verpacken und damit billiger transportieren lassen. In diesem Falle kann man sich aber auch als Linker auf die Selbstregulierung des Marktes verlassen.
In anderen Fällen ist es aber wichtig, EU-weite Regeln zu haben. Ich war zum Beispiel unter anderem dafür verantwortlich, einen Entwurf der Kommission über die Lenk- und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern zu bearbeiten.
Diese Arbeitnehmergruppe kann sich nun darauf verlassen, dass ihre auftraggebenden Speditionsunternehmen genügend Zeit für Transportwege und notwendige Ruhepausen einplanen. Das macht den Straßenverkehr sicherer und bedeutet weniger Stress für die Fahrer. Es bedeutet auch sozialere, fairere Wettbewerbsbedingungen, weil dieses Gesetz eben in Deutschland genauso wie in Irland, Polen, Dänemark und allen anderen Mitgliedstaaten gilt.
Das Vorurteil, das Europaparlament hätte ‘nichts zu sagen’ ist also Unsinn. Auch dass die EU ‘nicht sozial’ sei, stimmt leider oft, aber zum Glück nicht immer. Ein anderes Beispiel ist das Solidarprinzip zwischen den Mitgliedstaaten, dass seinen Ausdruck in den Regional- und Strukturfonds findet.
Mit den finanziellen Mitteln daraus werden die wirtschaftlich schwächeren Regionen, zum Beispiel auch Brandenburg, bei Infrastrukturprojekten, in der Landwirtschaft und bei der Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützt. Das ist längst kein ausreichender Ausgleich für die vorherrschende Wettbewerbslogik und den neoliberalen Marktglauben in leider noch zu vielen Politikerköpfen, aber zeigt, dass Europa mehr kann als ein Warenhaus.
http://blog.havel-news.de/?p=736