Situation im Land instabil, weitere Entwicklung äußerst ungewiss
Europaabgeordneter André Brie berichtet über Gespräche mit Premierminister und Regierungsmitgliedern. Konflikte weiter ungelöst
Der irakische Premierminister Nuri al-Maliki, Mitglieder seiner Regierung, Parlamentsabgeordnete und europäische Diplomaten sehen in den letzten Monaten weitreichende positive Veränderung in Irak. Das berichtete André Brie, Europaabgeordneter der LINKEN, am Montag nach Ende seiner viertägigen Informationsreise in das Land. Gemeinsam mit vier weiteren Vertretern des Europäischen Parlaments hatte sich der Parlamentarier vor Ort ein Bild über die politische, wirtschaftliche und soziale Situation sowie die Sicherheitslage im Irak gemacht.
In den Gesprächen habe die irakische Seite eingeschätzt, dass terroristische Kräfte, Aufständische und feindliche Milizen wesentlich geschwächt seien und die Zahl von Anschlägen, Angriffen und Morden deutlich zurückgegangen sei, berichtete Brie. Die Sicherheit der Bevölkerung habe sich verbessert, die Bewegungsfreiheit der Irakerinnen und Iraker im Land sei wieder gewährleistet. Es gebe erste Erfolge im Wiederaufbau, insbesondere bei der Entwicklung des Bildungs- und Gesundheitswesens, die Versorgung habe sich verbessert. Die irakische Armee und die anderen Sicherheitskräfte, so al-Maliki gegenüber der Delegation, seien handlungsfähig und stünden unter voller Kontrolle der Regierung. Das Sicherheitsabkommen mit den USA habe die Souveränität Iraks wieder hergestellt. Nach Auffassung des Regierungschefs würden die bevorstehenden Provinzwahlen die neue Stabilität beweisen. Zugleich habe al-Maliki jedoch auf ernste ökonomische und Haushaltsprobleme durch den fallenden Ölpreis, den dramatischen Investitionsrückstand in der Energiewirtschaft und der Infrastruktur sowie die horrende Arbeitslosigkeit hingewiesen.
Neues Konfliktpotenzial entsteht
Wie Brie weiter berichtete, hätten kritischere und offenere Abgeordnete, Vertreter nichtstaatlicher Organisationen sowie – bemerkenswert offen und realistisch argumentierende – führende Vertreter der multinationalen Streitkräfte (MNF), darunter deren stellvertretender Kommandeur, ein spürbar anderes Bild gezeichnet. „Dieses entspricht meiner Einschätzung weit mehr als die Position des Regierungschefs“, so der Abgeordnete. So sei es laut Brie durch den starken militärischen Druck, die militärische Schwächung der Sadr-Milizen in Bagdad und Basra sowie die erfolgreichen Bemühungen zur Einbeziehung sunnitischer Kräfte zwar gelungen, die Sicherheitslage zu verbessern. Doch seien alle Konflikte ungelöst, könnten jederzeit wieder voll ausbrechen und zu einer erneuten Gewaltwelle und Destabilisierung des Landes führen. Auch die Erwartungen der Menschen an eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung seien in keiner Weise erfüllt worden; die Menschenrechtslage, besonders die Situation von Frauen und Kindern, sei nach wie vor katastrophal. Daraus entsteht nach Einschätzung des Linkspolitikers ein neues großes Konfliktpotenzial. Insbesondere blieben die bedrohlichen Konflikte zwischen sunnitischen und schiitischen Kräften, die Vorherrschaftskämpfe zwischen den schiitischen Parteien und Milizen, der Konflikt zwischen Arabern und Kurden latent bestehen. Die Provinzwahlen seien zwar relativ gut vorbereitet und gesichert, bei gravierenden Kräfteverschiebungen drohe jedoch „sehr ernste Gewalt“. Dies gelte noch mehr für die nationalen Wahlen in einem Jahr. Die weitere Entwicklung könne in keiner Weise seriös vorhergesagt werden und sich durch die Haushaltsprobleme des Landes rasch verändern.
„Nach meinen Erfahrungen aus vielen anderen Besuchen im Land und aus den Kontakten mit der Bevölkerung in verschiedenen Regionen zeigt auch die aktuelle Entwicklung die Verantwortungslosigkeit der US-Intervention, für die nach wie vor Millionen Irakerinnen und Iraker mit Unsicherheit, persönlicher Gefährdung und Armut bezahlen“, so André Brie. Bagdad gleiche in weiten Teilen einer besetzten Festung im Belagerungszustand. „Von irakischer Souveränität, Stabilität und demokratischer Entwicklung kann nicht wirklich die Rede sein.“
PRESSEHINWEIS:
MdEP André Brie steht über Telefon 0151 547 13 492 für Anfragen und Interviews zur Verfügung.
Büro Dr. André Brie
Brüssel/Schwerin, 19. Januar 2009
Für Nachfragen: 0151 547 13 492 (A. Brie)
0032 2 284 54 03 (E. Otto/Büro Brüssel)
0385 581 5733 (Büro Schwerin)
www. andrebrie.de