Soziale Grundrechte in der Waagschale: Europaparlament agiert halbherzig
Das Europäische Parlament hat heute den Bericht über „Herausforderungen für Tarifverträge in der EU“ angenommen. Hierzu erklärt Gabi Zimmer MdEP (Koordinatorin der GUE/NGL-Fraktion im Beschäftigungsausschuss, DIE LINKE):
„Leider stimmte das Europaparlament heute nicht für die Einführung der von meiner Fraktion geforderten Sozialen Fortschrittsklausel‘ als bindendes Protokoll zum EU-Vertrag. Das Parlament agierte halbherzig. Es verpasste die Chance, sich klar für die sozialen Grundrechte als europäisches Primärrecht auszusprechen. Deshalb konnten wir dem Bericht nicht zustimmen“, sagte Zimmer.
Der Bericht „Herausforderungen für Tarifverträge in der EU“ reagiert auf die jüngste Rechtssprechung des EuGH in den Fällen Laval, Viking Lines, Rüffert und Luxemburg.
Er erwägt unter anderem eine Überprüfung der Entsenderichtlinie, um künftig zu vermeiden, dass Forderungen der Gewerkschaften nach Einhaltung von Tarifverträgen bei entsandten Arbeitnehmern als Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ausgelegt werden können. „Grundsätzlich begrüße ich den Ansatz des Berichtes, die sozialen Rechte von Arbeitnehmern zu stärken. Leider bleibt der Bericht in seinen Formulierungen teilweise vage. Der Kompromisscharakter des Textes ist nicht zu übersehen“, bedauert Zimmer.
Letztendlich bestehe der Bericht auf einem „Gleichgewicht zwischen den Grundrechten und den wirtschaftlichen Freiheiten“ und fordere nicht etwa den Vorrang sozialer Grundrechte. „Das bedeutet, dass grundsätzlich weiterhin Grundrechte und insbesondere das Streikrecht sowie die Koalitions- und Tarifvertragsfreiheit wegen der unternehmerischen Grundfreiheiten des EG-Vertrags eingeschränkt werden können“, sagte Zimmer. „Insbesondere zu Streikrecht und Tarifvertragsfreiheit brauchen wir jedoch dringend Klarstellungen im EU-Primärrecht, die der EuGH dann beachten muss“, erklärt Zimmer.