In die falsche Richtung!

Artikel der Europaabgeordneten Gabi Zimmer im „Neuen Deutschland“ zur verfehlten Energiepolitik der Europäischen Kommission.

Widersprüche treiben Entwicklung voran, allerdings nicht immer in die notwendige Richtung und mit der gebotenen Geschwindigkeit.
Dafür liefert die Europäische Kommission mit ihrer Energie- und Klimapolitik jüngst wieder Beispiele. Ihr von Kommissionspräsident Barroso unterbreitetes „Vorschlagspaket“ belegt erneut, dass man nicht den „Herausforderungen der Globalisierung“ und zugleich den Herausforderungen sozial und ökologisch nachhaltiger Entwicklung entsprechen kann.

Gemessen am Verhalten anderer globaler Akteure wie den USA war das „Klimaschutzpaket“, verkündet durch die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel vom März 2007 geradezu revolutionär. Sie folgten der Kommission und versprachen der Welt, bis 2020 den Energieverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen um mindestens 20% zu reduzieren. Den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch wollten sie auf 20% erhöhen. Sie boten sogar an, das Reduktionsziel auf 30% anzuheben, falls ein neues globales Klimaschutzabkommen in Kraft tritt.

Allerdings sind die Zahlen im Vergleich zum Notwendigen und Möglichen viel zu gering. Es fehlt an Verbindlichkeit und die erforderlichen Orientierungen wurden ebenfalls nicht gegeben: Drastische Einsparung des Energieverbrauchs, Steigerung der Energieeffizienz, schnellstmöglicher Ausstieg aus der Atomenergie, konsequenter Übergang zur vorrangigen Nutzung dezentral produzierter und angewandter erneuerbarer Energien, solidarische Hilfe für die global Schwachen. Die Fakten: 7,4% der Weltbevölkerung leben in der EU. Auf sie entfallen 17,8% des Weltenergieverbrauchs und 27,5% der Klima schädigenden Kohlendioxyd-Emissionen. Aber auch hier frieren Menschen, haben kein Geld für Heizwärme. In Afrika sterben 140 von 1000 Kindern bevor sie das 5. Lebensjahr erreichen. 550 Millionen Afrikaner/innen haben keinen Zugang zu Elektrizität.

Was haben die europäischen Institutionen nach dem großen März-Gipfel 2007 dagegen getan?
Das Europäische Parlament hat auf mehr Verbindlichkeit und Engagement für erneuerbare Energien gedrängt. Europaabgeordnete forderten, dass der konzipierte 10%ige Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffverbrauch nicht „einfach“ durch Importe aus armen Ländern gedeckt wird. Derartige Lieferungen verknappen und verteuern Lebensmittel, vernichten Agrarstrukturen und soziale Existenzen. Sie sind ökologisch zerstörerisch.

Das stört manche Vertreter der Kommission kaum. Sie hat Importverträge für Biokraftstoffe aus Entwicklungsländern und die eurozentrische EU-Afrika-Energiepartnerschaft eingefädelt. Sie setzt weiterhin auf Atomenergie und Großprojekte zur Kohlenstoffsequestierung und –aufbewahrung (CCS).

Unterm Strich folgt ihr auch hier der Europäische Rat und mit dem Lissabonner Vertrag wird EURATOM fortgeschrieben.

Wenn vor diesem Hintergrund nun von neuen Vorschlägen die Rede ist, die die Vorhaben vom März 2007 konkretisieren und tatsächlich realisieren sollen, dann ist das zumindest teilweise zu begrüßen. Leider muss aber auch wiederholt werden: Die Richtung stimmt nicht. Sie weist nicht auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit, nicht auf globale Verantwortung. Das Tempo stimmt nicht. Es geht nach wie vor um die genannten Orientierungen und damit um konkreten Kampf gegen die Energiekonzerne. Die Kampagne ist gestartet – Beteiligen wir uns!