Nicht Einkreisung und Sanktionen gegen Russland sind die Lösung. Die EU muss die Weichen für Dialog und Abrüstung stellen.

Zum bevorstehenden EU-Sondergipfel zur Georgien-Krise erklärt die Europaabgeordnete der Partei DIE LINKE Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:

Die Militärintervention des georgischen Präsidenten in Südossetien sowie das aggressive militärische Eingreifen Russlands in Kerngeorgien und die russische Anerkennung der Unabhängigkeitserklärungen Abchasiens und Südossetiens haben eine gefährliche Krise ausgelöst, auf die die EU besonnen reagieren muss. Vom EU-Gipfel sollte daher die Botschaft ausgehen, dass nur die OSZE prädestiniert ist, eine Lösung des Konflikts auf den Weg zu bringen. Deshalb muss die EU neben Wiederaufbauhilfen für Georgien gemeinsam mit der OSZE, Russland und Georgien in einen Dialog eintreten, um die Anfang der 90er Jahre von der OSZE erarbeiteten Vorschläge fortzuentwickeln, die unter anderem eine weiter gehende Autonomie für Südossetien vorsehen. Die von den USA forcierte rasche Einbindung Georgiens in die NATO ist abenteuerlich, weil sie die Kaukasusregion weiter destabilisieren würde.

In den 90er Jahren galt, dass Russland nicht der natürliche Gegner, sondern der natürliche Partner Westeuropas ist. An dieser Maxime muss die EU glaubwürdig festhalten. Das heißt, dass sie sich nicht zum Handlanger einer US-amerikanischen Vorwärtsstrategie machen darf, die auf die militärische Einkreisung Russlands abzielt. Bestandteile dieser Strategie sind neben der NATO-Ostausdehnung auch die von der EU hingenommene Errichtung von US-Radar- und Raketenabwehrsystemen in Tschechien und Polen und die zusätzliche Aufstellung von US-Patriotraketen an der EU-Ostgrenze. Die Folgen dieser inakzeptablen Alleingänge tragen wir alle. Sie behindern ein partnerschaftliches Verhältnis zu Russland, gefährden die strategische Stabilität in Europa und führen zu neuem Rüstungswettlauf.

Zur Schaffung vertrauensvoller Beziehungen mit Russland gehört, dass sich die EU unmissverständlich zur nuklearen und konventionellen Abrüstung bekennt, indem sie geeignete Initiativen ergreift, um insbesondere die USA zu einer Rückkehr zu Rüstungskontrolle und Abrüstung zu veranlassen. Der EU-Gipfel sollte sich deshalb auch dafür einsetzen, dass der von Russland längst ratifizierte KSE-Vertrag zur konventionellen Abrüstung endlich von den USA und ihren Verbündeten ratifiziert wird. Ferner dürfen Abrüstungsverträge im Nuklearbereich nicht auslaufen. Rüstungskontrolle und die Beseitigung aller Nuklearwaffen müssen integraler Bestandteil der EU-Sicherheitspolitik werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die EU ihr Kotauverhältnis gegenüber den USA beendet und eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt, die ihren Namen verdient.