Nationalistische Angriffe auf die europäische Integration nehmen zu
Zum Beitrag von Roman Herzog und Lüder Gerken in der F.A.Z. vom 8. September 2008 erklärt die Europaabgeordnete der Partei DIE LINKE, Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:
Es gibt wohl nichts Selbstverständlicheres als Kritik an einem Gerichtsurteil. Jedes Urteil findet zumindest eine unzufriedene Person – oder es war überflüssig. Das liegt in der Natur der Sache. Auch öffentliche Kritik an Gerichtsurteilen ist eine Selbstverständlichkeit. Dies gilt umso mehr für den Europäischen Gerichtshof, als seine Öffentlichkeit mittlerweile 500 Millionen Menschen umfasst. Man könnte es naiv nennen, wenn jemand glaubt, dies durch Abschaffung eines Gerichts oder die Einrichtung eines weiteren Gerichts zu beseitigen. Doch Herrn Gerken geht es um mehr.
Unter der Überschrift „Stoppt den Europäischen Gerichtshof“ zählt er eine ganze Reihe an Beispielen von Urteilen auf, die scheinbar objektiv daherkommen, jedoch pikant gewürzt werden mit rechtlichen Verdrehungen und einer wundersamen Verschwörungstheorie. Dies gipfelt schließlich in der Aufforderung an die EU-Mitgliedstaaten, die europäische Rechtsgemeinschaft aufzulösen, denn nichts anderes bedeutet seine Forderung, EuGH-Urteile zu missachten, wann immer Deutschland anderer Auffassung ist. Er schlägt nicht etwa vor, die Verträge gegebenenfalls zu ändern, sondern sie einfach zu brechen!
Die Stoßrichtung des Beitrags ist klar: Gerken geht es nicht um ein demokratisches und schon gar nicht um ein soziales Europa. Der Kern seines populistischen Angriffs richtet sich auf nichts weniger als den europäischen Integrationsprozess insgesamt.
Es ist bedauerlich, dass der frühere Bundespräsident für diese nationalistischen Attitüden seinen Namen hergibt.