Abstimmungserklärung im Namen der GUE/NGL-Fraktion
Zur heutigen Abstimmung über die Richtlinie des Europäischen Parla-ments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöri-ger (Weber-Bericht (A6-0339/2007))
Europa verliert seine menschenrechtliche Glaubwürdigkeit
Zur heutigen Abstimmung über die Richtlinie des Europäischen Parla-ments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Weber-Bericht (A6-0339/2007))
Europa verliert seine menschenrechtliche Glaubwürdigkeit
Der Kompromiss zwischen dem EP-Berichterstatter Weber (CSU) und den Innenministern zur so genannten Rückführungsrichtlinie ist faul. Er stellt im Kern die menschenrechtliche Glaubwürdigkeit der Europäischen Union in Frage. Deshalb lehnt die GUE/NGL-Fraktion die Richtlinie entschieden ab.
Das Parlament als Mitgesetzgeber stand – rechtlich wie moralisch – in der Pflicht, sich für akzeptable, vor allem menschenwürdige Regelungen einzusetzen. Es hätte seine Verantwortung voll wahrnehmen und dafür streiten müssen. Stattdessen hat sich die Parlamentsmehrheit vom Rat Regelungen aufoktroyieren lassen, nur um die Richtlinie in der ersten Lesung durchzudrücken.
Auch wenn die Richtlinie in manchen Mitgliedstaaten im Einzelfall die Rechtslage verbessert, etwa weil gar keine Haftbegrenzung im nationalen Recht vorgesehen ist, so ist doch der Gesamtkontext entscheidend: Die Richtlinie legitimiert, dass Menschen, denen man nichts anderes „vorwerfen“ kann, als in Europa ein besseres Leben für sich und ihre Familien finden zu wollen, für bis zu 18 Monate eingesperrt werden können.
Die bestehende Praxis von Abschiebehaft in den Mitgliedstaaten rechtfertigt und entschuldigt es unserer Meinung nach nicht, Menschen in Not auch künftig wie Kriminelle zu behandeln. Statt diese gängige Praxis, die die Men-schenrechte von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen verletzt, nun auch noch auf europäischer Ebene zu sanktionieren, sollten sich die Mitgliedstaaten vielmehr um eine nachhaltige Lösung des Problems der Migration kümmern. Für unsere Fraktion heißt das insbesondere, endlich eine gemeinschaftliche legale Migrationspolitik zu schaffen, die die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten gewährleistet und den Menschen, die in großer Not und oftmals unter Lebensgefahr nach Europa kommen, eine Perspektive bietet.
Das Europäische Parlament hat es verpasst, hier Verantwortung zu zeigen und dem Rat die Stirn zu bieten. Die eindringlichen Appelle zahlreicher Men-schenrechtsorganisationen sowie der Kirchen blieben leider ungehört!
Straßburg, den 18. Juni 2008