Vollständige Liberalisierung der Postdienstleistungen geht zu Lasten der Beschäftigten
Die Europaabgeordnete Gabi Zimmer zeigt sich enttäuscht über den leichtfertigen Umgang mit öffentlichen Dienstleistungen durch das Europäische Parlament.
Während der gestrigen Plenarsitzung wurde in zweiter Lesung über den Berichtsentwurf zur Vollendung des Binnenmarktes für Postdienstleistungen abgestimmt. Gabi Zimmer zeigte sich zutiefst enttäuscht über den leichtfertigen Umgang mit öffentlichen Dienstleistungen durch die Mehrheit ihrer Kollegen im Europäischen Parlament. Die Sprecherin von DIE LINKE. im Europaparlament sprach von Welten, die zwischen der Auffassungen einzelner Abgeordneter und ihrer eigenen Position liegen.
„Ich halte es für falsch zu suggerieren, dass Privatisierung bzw. Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen die geeignete Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung und die sich verschärfende Konkurrenz sind. Immer mehr Menschen lehnen eine solche Argumentation ab. In einem in Leipzig durchgeführten Bürgerbegehren stimmten erst kürzlich mehr als 80% der Beteiligten gegen eine weitere Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen der Stadt“, erklärte die Abgeordnete im Plenum.
Zimmer befürchtet, dass die Zustimmung des Parlaments zu den Liberalisierungsplänen bei Postdienstleistungen des Rates zu einem erhöhten Wettbewerbsdruck führt, der vor allem zu Lasten der Beschäftigten geht. Der verabschiedete Text setzt keine bindenden Zielvorgaben für den sozialen Schutz der Beschäftigten. Der Streit um die Einführung von Mindestlöhnen bei den Postdienstleistern in Deutschland habe gezeigt, wie wichtig das Einbeziehen von Mindeststandards sei. „Selbst viele staatliche und kommunale Institutionen scheuen sich nicht, ihre Post durch Unternehmen befördern zu lassen, deren Geschäftsgrundlage auf Dumpinglöhnen ihrer Beschäftigten beruht“, begründete die Parlamentarierin ihre Forderung.
Als skandalös kritisiert die Abgeordnete die Ablehnung von Änderungsanträgen, die die Linke ebenso wie die Grünen und einige Sozialdemokraten eingereicht hatten. Darin hatten sie gefordert, die kostenlose Bereitstellung von Postdienstleistungen für Blinde und Sehbehinderte verbindlich in der Richtlinie vorzuschreiben. Gerade diese Personengruppe sei im verstärkten Maße auf Postzustellungen angewiesen. Viele Abgeordnete seien sich offensichtlich nicht im klaren, dass sie mit ihrer Ablehnung einer weiteren finanziellen Belastung von Blinden und Menschen mit Sehbehinderung Vorschub leisteten.