Wichtige Chance auf dem Weg für zukunftsfähige europäische Integration vertan

Erklärung zur bevorstehenden Unterzeichnung des Reformvertrags durch die Staatschefs der EU-Mitgliedsstaaten

Leider sehen sich zahlreiche Linke – darunter auch ich – erneut genötigt, „Nein!“ zu sagen. „Leider“, weil die Regierenden mit ihrer Unterzeichnung des EU-Reformvertrages auf dringliche politische Reformen verzichten. „Leider“, weil wir eine Politik der EU bejahen, die eigentlich vor der Herausforderung steht, soziale, ökologische und globale Probleme demokratisch, gerecht und solidarisch zu lösen.

„Nein!“, weil mit dem EU-Reformvertrag politische Handlungsmöglichkeiten ungenutzt bleiben und somit soziale Nöte, ökologische Bedrohungen und menschheitliche Existenzfragen zugespitzt werden. „Nein!“, weil das Vorgehen der Regierenden ein Schlag gegen die Demokratie ist.

Es geht also um ein „Nein!“ aus ausschließlich inhaltlichen und demokratischen Gründen, keineswegs aus prinzipieller Verweigerung oder Ablehnung europäischer Integration.
Als linke Demokratin toleriere ich keinen Vertrag, der neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik festschreibt und die gefährliche militärische „Sicherheits“- und „Verteidigungs“strategie fortsetzt, die Defizite an Demokratie, Verantwortung und Zukunftsfähigkeit mehrt.

Dabei übersehe ich keineswegs positive Ansätze wie die Bekräftigung der Grundrechte-Charta, die erweiterten Rechte für das Europäische Parlament und Korrekturen besonders provokativer Aussagen.

Ich wäge politisch ab und bedaure, dass die Regierenden die „Reflexionsphase“ nach dem französischen und niederländischen Verfassungsreferendum nicht genutzt haben, um tragfähige Problemlösungen zu erarbeiten und mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Statt den eigenen Plan „D“ wie Dialog ernst zu nehmen, sind sie zur Regierungskonferenz hinter verschlossener Türe zurückgekehrt. Sie fürchten Volksentscheide über ihren Vertrag mehr als das eigene Versagen.

Weil er das Leben von Millionen Menschen in 27 Staaten betrifft, sind Referenden in allen EU-Mitgliedstaaten eine elementare demokratische Forderung, die nicht zuletzt demokratische Sozialistinnen und Sozialisten unterstützen.