Groß angelegtes Betrugsmanöver: EU-Verfassung heißt jetzt Änderungsvertrag

Zum morgigen Beginn des EU-Gipfels in Brüssel erklärt der Europaabgeordnete der Linksfraktion (GUE/NGL) im Europäischen Parlament, Tobias Pflüger, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und Koordinator der GUE/NGL im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung:

Im Vorfeld des EU-Gipfels wird wieder einmal per Geheimdiplomatie über die Zukunft der Europäischen Union verhandelt. Statt „Verfassung“ soll der neue Vertrag nun „Änderungsvertrag“ oder „Grundlagenvertrag“ heißen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich offenbar mit ihrem Ansinnen durchgesetzt, die inhaltliche Substanz des Verfassungsvertrages zu bewahren. Im Ergebnis soll der alte Verfassungsvertrag mit nur kleineren Änderungen, aber unter anderem Namen von den Staats- und Regierungschefs erneut verabschiedet werden.

Auf den geltenden EU-Vertrag von Nizza soll der verniedlichend auch „Mini-Vertrag“ genannte neue Vertragstext einfach aufgesattelt werden. Es geht Merkel und Co. offensichtlich allein um eine sprachkosmetische Bearbeitung.

Dieses Vorgehen ist nichts anders als ein groß angelegtes Betrugsmanöver an den Bevölkerungen der Mitgliedsstaaten der EU, insbesondere an den Bevölkerungen in Frankreich und den Niederlanden, die den Inhalt des geplanten Vertrages in Referenden schon einmal klar abgelehnt haben.

Die Ausrichtung der EU auf Neoliberalismus – „dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet“ (Art. 177) – und Aufrüstung – „die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“ (Art. 41, 3) – werden im geplanten Vertrag beibehalten. Ein grenzüberschreitendes Streikrecht in der EU wird es auch weiterhin nicht geben.

Es ist skandalös, dass keine Referenden über den neuen Vertrag vorgesehen sind. Die deutsche Dominanz bei der geplanten Stimmengewichtung im EU-Rat ist einfach Fakt. Es ist klar zu verurteilen, dass nun in diesem Zusammenhang im Vorfeld des EU-Gipfels Stimmen nach einem Ausschluss einzelner EU-Mitgliedstaaten laut werden, das ist völlig unrealistisch und geradezu gefährlich.

Somit bleibt es bei einem klaren NEIN zu diesem EU-Vertrag.

Strasbourg, den 20. Juni 2007