Große Koalition will Aufweichung des Kündigungsschutzes und ‚Flexicurity’

OECD Studien belegen, dass starke Kündigungsschutzregeln keine negativen Auswirkungen auf das Beschäftigungswachstum haben.

Große Koalition will Aufweichung des Kündigungsschutzes und ‚Flexicurity’

DIE LINKE im Europäischen Parlament lehnt einige Kernaussagen der heute beschlossenen Stellungnahme des Europaparlaments zum ‚Grünbuch Arbeitsrecht’ mit Entschiedenheit ab. Eine Große Koalition von Konservativen und Sozialdemokraten spricht sich dafür aus, der ‚Beschäftigungssicherheit’ durch ‚aktivierende Arbeitsmarktpolitik’ Vorrang vor klaren Kündigungsschutzregeln und Rechten der Arbeitnehmerinnen zu geben. Das ‚Flexicurity’-Konzept der Europäischen Kommission wird unterstützt und mehr Flexibilität auf den Arbeitsmärkten verlangt.

„Studien der OECD belegen, dass starke Kündigungsschutzregeln keine negativen Auswirkungen auf das Beschäftigungswachstum haben – was der EP-Bericht im Übrigen zu Recht betont“, so Zimmer. „Europa braucht ein Kontrastprogramm zur neoliberalen Orientierung der Europäischen Kommission“, sagte die Abgeordnete. „Wir müssen prekäre und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zurückdrängen und Scheinselbständigkeit bekämpfen. Europa braucht eine klare Regelung zu Mindestlöhnen. Trotz des niederländischen ‚Flexicurity’-Gesetzes (Flexibilität und soziale Sicherheit) ist der Anteil prekärer Arbeitsverhältnisse seit dessen Verabschiedung Ende der 1990er Jahre dort nicht zurückgegangen.“

„Um die Europäische Union sozial nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten, brauchen wir nicht ‚Flexicurity’, sondern schlicht wirksame Maßnahmen zur Förderung von ‚Guter Arbeit’. Ein sozial nachhaltiges Europa können wir nur erreichen, wenn wir Stabilität und soziale Sicherheit für alle fördern: kurze Vollzeit (z.B. 32 Stunden), freiwillige, substanzielle und sozialrechtlich geschützte Teilzeit (z.B. 20 -25 Stunden) mit gleichen Stundenentgelten, tariflicher und sozialrechtlicher Absicherung. Dazu zählen ein umfassender Arbeits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz genauso wie altersgerechte Arbeitsplätze. Mehr ‚Flexibilität’, Deregulierung des Arbeitsrechts und mehr prekäre und geringfügige Beschäftigung sind nicht geeignet, den demografischen Wandel zu bewältigen und die Massenerwerbslosigkeit zu überwinden“, erklärt Zimmer.

Manche Punkte der Stellungnahme des Parlaments sind sehr unterstützenswert: Der unbefristete (Vollzeit)-Arbeitsvertrag wird z. B. als EU-weite Norm verteidigt, gleiche Rechte für atypische wie ‚Normalarbeitnehmerinnen’ gefordert, die Rolle des kollektiven Arbeitsrechts hervorgehoben, die Ausbeutung von Migrantinnen kritisiert und wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit verlangt. Dies ist ein Erfolg, der von der Linksfraktion im EP, Sozialdemokraten, Grünen und Sozialliberalen gemeinsam erstritten wurde. „Dennoch wäre ein stärkeres Signal an Kommission und Rat nötig – Deregulierungspolitik im Sinne von ‚Flexicurity’ ist der falsche Weg für Europa“, sagte die Europaabgeordnete.