Eine Frage der demokratischen Normalität

Das Europäische Parlament stimmt in dieser Woche über einen Bericht zum Zusatzprotokoll zum Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft,
politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der EU und Mexiko ab. Dazu erklärt Berichterstatter Helmuth Markov:

Das „Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft,
politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten
Mexikanischen Staaten andererseits“ gilt seit dem Jahr 2000. Es zielt auf die Stärkung und Ausweitung der politischen, institutionellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Partnern. Damit ist es ein wichtiges Element der EU-Außen- und Handelsbeziehungen. Nachdem 2004 zehn Neue Mitgliedstaaten der EU beigetreten waren, traten diese 2005 mittels eines Zusatzprotokolls dem Abkommen bei. Es ist völlig logisch, dass auch Bulgarien und Rumänien nun – nach ihrem Beitritt am 1. Januar 2006 – ebenfalls über ein solches Protokoll dazukommen.

Es muss immer wieder erwähnt werden, dass das Europäische Parlament im Bereich der Außen- und Außenhandelspolitik leider nur sehr wenige direkt Einflussrechte hat. Im Falle von Verträgen, die „durch Einführung von Zusammenarbeitsverfahren einen besonderen institutionellen Rahmen“ schaffen, muss es allerdings im Rahmen des Zustimmungsverfahrens beteiligt werden. Dies regelt Artikel 300 (3) des EG-Vertrages in seinem Unterabsatz 2. Die Umsetzung des EU-Mexiko-Abkommens übernimmt ein ‚Gemeinsamer Rat‘, der sich aus Vertretern des Rates (also der EU-Mitgliedstaaten), der Kommission und der mexikanischen Regierung zusammensetzt. Der Gemeinsame Rat wird von einem Gemeinsamen Ausschuss unterstützt. Beides wird als ein besonderer institutioneller Rahmen angesehen – der im Übrigen finanziell aus dem EU-Haushalt gestützt wird. Daher war für den Abschluss des Abkommens die parlamentarische Zustimmung erforderlich. Da der institutionelle Rahmen durch das Zusatzprotokoll formell geändert – nämlich erweitert – wird, wäre es nur folgerichtig, hier dasselbe Verfahren anzuwenden. Allerdings nimmt weder das Zusatzprotokoll aus 2005 darauf Bezug, noch wurde der aktuelle Änderungstext dem Parlament dementsprechend zugeleitet, sondern es wurde einfach nur ‚konsultiert‘.

Die Fraktionen im Europaparlament sind sich hingegen einig, dass diese Degradierung nicht einfach so hinzunehmen ist und haben sich auf einen dementsprechenden Änderungsantrag zum Protokoll geeinigt. Auf den ersten Blick mag dies technisch, bürokratisch klingen – ist aber nicht, sondern eine sehr politische Frage: In einem demokratischen System muss ganz einfach klar sein, dass die demokratisch gewählten Vertreter in wichtige politische Entscheidungen einbezogen werden. Dieser Gedanke hat sich jedoch ganz offenbar noch längst nicht im politischen Alltag der EU-Institutionen durchgesetzt. Man denke ganz einfach an die laufenden Verhandlungen über regionale und bilaterale Handels- und Partnerschaftsabkommen: Keiner der Entwurfstexte hat die Europaabgeordneten bisher offiziell erreicht. Umso wichtiger ist es, dass sie immer wieder ihre im Vertrag verbrieften Rechte ganz deutlich einfordern.