Die EU – eine ziemlich unbekannte Größe Europapolitiker Helmuth Markov über Brüssel – 6000 Beamte für 480 Millionen Menschen

*von KERSTIN VÖLLING *

„Kreuzverhör“: Peter Vollmer und Peter Zudeick befragen Helmuth Markov über seine Arbeit im im EU-Parlament

*Sogar kluge Menschen in diesem Land glauben fest daran, dass
Bundeskanzlerin Angela Merkel die Richtlinien deutscher Politik
bestimmt. Nix da! Mittlerweile werden 85 Prozent der geltenden Gesetze
in Brüssel gemacht. Und täglich kommen neue hinzu. „EU – was nu?“ wollte
deshalb die Runde beim gut besuchten „High Noon“ im Eifelturm wissen.

Rede und Antwort auf dem „heißen Stuhl“ des politischen
Sonntagmorgenfrühschoppens stand diesmal Helmuth Markov, seit 1999 für
„Die Linke“ im EU-Parlament. Flankiert wurde er von Kabarettist Peter
Vollmer, der für den erkrankten Wilfried Schmickler einsprang, und vom
„alten High-Noon-Hasen“ Peter Zudeick. Engagiert bewies Markov, dass das
Thema EU keineswegs ein „apothekenpflichtiges Narkosethema“ ist , wie
Vollmer eingangs ablästerte.

So müsse man mit Vorurteilen aufräumen, erläuterte der 54-Jährige
Markov: „Für 480 Millionen Menschen gibt es auf EU-Ebene nur 6000
Beamte. Sechs Prozent des Gemeinschaftsetats werden für die Verwaltung
ausgegeben – da kann man von einem Wust nicht reden“, meinte der
gelernte Buchhändler und Ingenieur. Andererseits sei ein Seilbahngesetz,
das durch EU-Beschluss auch in Brandenburg umgesetzt werden müsse,
Nonsens: „Wir haben ja keine Seilbahn“, so der Oberhaveler, „aber das
dokumentiert eben auch die Ambivalenz der Gemeinschaft.“

Markov präsentierte sich als glühender Verfechter des vereinten Europas.
Zwar habe das Parlament kein Initiativrecht: „Wir können über Vorschläge
der Kommission nur abstimmen, Anfragen an Kommission und Rat richten und
vorgeschlagene Kandidaten wählen oder auch nicht.“ Doch sei in der EU
auch schon viel erreicht worden: „Wenn sie innerhalb des
Staatenverbundes reisen, finden sie den gleichen Strom und in der Regel
auch die gleiche Währung und Trinkwasserqualität vor.“

Markov zeigte sich optimistisch, dass in absehbarer Zeit eine
europäische Verfassung zustande kommt: „Bestandteil einer neuen
EU-Verfassung wird sicherlich die Anerkennung von Grundrechten sein. Ich
glaube jedoch nicht, dass sich alle Mitgliedsstaaten je auf ein
Wirtschaftssystem und eine gemeinsame Verteidigungspolitik einigen.“