Europa braucht andere Prioritäten, Frau Merkel!
Zur Erläuterung der Prioritäten der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor dem Europäischen Parlament durch Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt Sahra Wagenknecht, Europaabgeordnete für die Linkspartei.PDS:
Was Frau Merkel heute vor dem Europäischen Parlament als ihr Verständnis der europäischen Seele präsentierte, war an Schönfärberei kaum zu überbieten und denkbar ungeeignet, einen substantiellen Beitrag zur Überwindung der Krise der EU zu leisten. Hinter Frau Merkels blumiger Rede über Toleranz und Verständnis steht nichts anderes als ein Ja zum unbeirrten „Weiter so!“. Dafür spricht neben ihrem Engagement für die Wiederbelebung der EU-Verfassung und ihrer Bejahung des Ausbaus der Militärunion auch die Tatsache, dass die drängenden sozialen Probleme, unter denen Millionen Menschen in der EU leiden, vollständig aus ihrer Rede ausgeblendet blieben. Man wird die EU den Menschen schwerlich dadurch näher bringen, dass man auf wolkige Visionen setzt und in der Realität ein knallhartes neoliberales Wirtschaftsprogramm durchpeitscht. An den Bedürfnissen der großen Mehrheit der Menschen geht das von Frau Merkel präsentierte EU-Ratspräsidentschaftsprogramm jedenfalls vorbei.
Notwendig ist etwas anderes:
Keine Wiederbelebung des verfehlten EU-Verfassungsprojekts! Europa braucht kein Bekenntnis zu neoliberaler Politik, sondern eine grundlegende Neuorientierung auf sozialer Grundlage.
Keine neue transatlantische Freihandelszone! Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die Konzernmacht einschränkt, unverschämter Profitmaximierung entgegen tritt und öffentliches Eigentum verteidigt und ausbaut.
Europa muss eine zivile Union sein. Notwendig ist nicht der Ausbau militärischer Fähigkeiten, sondern eine konsequente Friedens- und Abrüstungspolitik.
Eine Energiepolitik, die auf Nachhaltigkeit setzt. Europa braucht alternative Energien und keine Wiederbelebung der Atomenergie.
Europa braucht eine andere Politik. Das heute von Frau Merkel dargelegte Programm für die deutsche Ratspräsidentschaft ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich Antworten auf die drängenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme in Europa erwarten.
Sahra Wagenknecht, MdEP
Strasbourg, den 17. Januar 2007