EU: Eitel Sonnenschein?

Kolumne von Helmuth Markov in der Zeitschrift „Wirtschaft & Markt“, Ausgabe Februar 2006

Im Februar hat das Europäische Parlament ein Paradebeispiel falsch verstandenen ‚Abbaus überflüssiger Bürokratie‘, die so genannte ‚Sonnenscheinrichtlinie‘, nach langen, wirren Verhandlungen angenommen. Die kommt nun ohne Sonne daher.
Zunächst waren sich Experten, EU-Institutionen und Mitgliedstaaten einig: Nach Konkretisierung der EU-Arbeitsschutzverordnung bezüglich Lärm, elektromagnetischer Strahlung und Vibration sollten noch die Regelungen zu optischer Strahlung präzisiert, die allgemeinen Regeln damit verständlicher und leichter anwendbar gemacht werden.
Dank Boulevardpresse, Missdeutung des Subsidiaritätsprinzips und Furcht vor Kleidervorschriften und Sonnencremepflicht – die niemals vorgesehen waren! – bleibt es nun beim Dickicht aus EU- und nationalen Bestimmungen. Für künstliche Strahlung gilt EU-Recht. Für natürliche Strahlung (Sonne, Feuer) kann sich jeder Mitgliedstaat selbst etwas ausdenken – oder auch nicht.
Zugleich wirkt wie immer die allgemeine EU-Regelung. Arbeitgeber sind zur Bewertung von und Schutz vor arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren verpflichtet. Das gilt auch für Sonneneinstrahlung: Ein Großteil aller Hautkrebsfälle und ein nicht zu vernachlässigender Teil der arbeitsbedingten Erkrankungen, die ja zudem beträchtliche Kosten für Unternehmen verursachen, sind gerade darauf zurückzuführen.