Kaufmann: 200 Millionen Euro fürs Pendeln

Von Sylvia-Yvonne Kaufmann*)

Das Europäische Parlament hat sich am Dienstag grundsätzlich dafür ausgesprochen, seine Tagungsgebäude in Straßburg, einschließlich Grund und Boden, käuflich zu erwerben. Diese Entscheidung ist ökonomisch sinnvoll, denn mit dem Kauf werden künftig die hohen Mietzahlungen entfallen, die den Haushalt des Parlaments Jahr für Jahr belasten. Die Abstimmung ist keine Entscheidung über die Sitzfrage des Europäischen Parlaments. Im Gegenteil. In der europäischen Öffentlichkeit wird zu Recht die Frage aufgeworfen, ob es 50 Jahre nach Unterzeichung der Römischen Verträge noch immer im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen kann, heutzutage jährlich rund 200 Millionen Euro für das Pendeln das Parlaments zwischen den beiden Arbeitsorten Brüssel und Straßburg auszugeben.

Brüssel ist bereits jetzt de facto die „Hauptstadt“ der Europäischen Union mit ihren bald 27 Mitgliedstaaten, und die Stadt Straßburg ist der Sitz des Europarates mit inzwischen 46 Mitgliedsländern und zugleich Sitz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Diese europäische „Arbeitsteilung“ macht Sinn.

Für Frankreich haben die Tagungen des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht nur einen hohen politischen Stellenwert, sie sind natürlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die ganze Region. Aus meiner Sicht muss daher um eine tragfähige und zukunftsweisende Lösung gerungen werden: Ähnlich der Hauptstadt-Entscheidung in Deutschland benötigen wir eine europäische Bonn-Berlin-Lösung für Straßburg und Brüssel.

*) Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann ist Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments

Quelle:
LinksZeitung