Linkskräfte an einem Tisch
Artikel von Helmuth Markov im Neuen Deutschland vom 03.11.2006
Vom 10. bis 12. November findet in Rostock die 5. Ost-West-Konferenz statt. Gegründet wurde diese im Jahre 2002 als linkes Diskussionsforum der Ostseeanrainerstaaten von den auch heute noch als Organisatoren fungierenden Vänstersocialistiska gröna im Nordischen Rat, der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke und der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament. Dominierende Themen waren die politischen Entwicklungen der damaligen EU-Beitrittskandidaten, der Umweltschutz der Region sowie die Durchsetzung von Frauenrechten.
Inhaltlich ist Kontinuität gewährleistet, stehen doch diesmal neben der politischen und sozialökonomischen Situation in Russland, Belarus und der Ukraine ebenso Fragen der Energiegewinnung aus Windkraftanlagen in der Ostsee, Waldschäden in Russland und die Chemikalienrichtlinie der EU sowie Maßnahmen gegen Frauenhandel und Prostitution auf der Tagesordnung. Deutlich erweitert hat sich das Spektrum der Teilnehmer. Vertreter von Parteien, vielfältigen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, aber auch Wissenschaftler aus insgesamt siebzehn Ländern haben sich angemeldet. Die europapolitischen Sprecher der Fraktionen der Linkspartei.PDS werden sich an den Debatten beteiligen.
Unzweifelhaft spielt auch die bevorstehende deutsche Ratspräsidentschaft der EU eine Rolle, umso mehr, als die Europäische Kommission ihr Legislativ- und Arbeitsprogramm für 2007 veröffentlichte. Auf entschiedenen Widerspruch wird die These der Weiterführung der Lissabon-Agenda mit ihrer neoliberalen Ausprägung stoßen, die nach wie vor dem Wettbewerb höchste Priorität einräumt und das selbst gestellte Ziel der Vollbeschäftigung bis 2010 komplett aus den Augen verliert bzw. mit den vorgesehenen Liberalisierungsrichtlinien zur Dienstleistungsfreiheit oder der Post konterkariert. Noch irrsinniger ist die zweite Schwerpunktsetzung unter der Rubrik Modernisierung der europäischen Wirtschaft: Beschleunigte Durchsetzung des Binnenmarktes im Bereich Rüstungsindustrie und -märkte. Dies bedeutet Wettbewerb zur effizienteren Herstellung der Instrumente zum Töten von Menschen!
Da die Kommission im Kapitel »Kommunikation mit dem Bürger« zum verstärkten Dialog aufruft, werden sich die Teilnehmer der Ost-West-Konferenz dem nicht verweigern und ihre Meinung zur Durchsetzung einer sozialen, auf ökologische Nachhaltigkeit orientierenden, dem Gesundheits- und Verbraucherschutz gewidmeten, demokratisch agierenden, den Belangen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung tragenden und mit seinen Nachbarn in friedlicher Partnerschaft lebenden Europäischen Union artikulieren. Das ist gleichfalls im Interesse der Vertreter aus Island, Norwegen, Moldova, Belarus, Russland und der Ukraine, da diese Nichtmitgliedsstaaten ebenso vom Wirken der EU betroffen sind.
Die Ost-West-Konferenz wechselte in der Vergangenheit stets das Ausrichterland, wodurch immer auch regionale Politikansätze ausgetauscht wurden. Schade, dass die jetzige Regierungskonstellation nicht mehr Rot-Rot ist.
Quelle:
http://www.neues-deutschland.de/artikel.asp?AID=99608&IDC=43