„Als Linke muss man die sozialen Interessen der Menschen vertreten“

Europaabgeordnete sprach auf einer Infoveranstaltung der Linkspartei Stuttgart-Ost und der WASG Stuttgart-Ost

Über 150 Gäste fanden sich dort im Kleinen Saal ein. Zentrales Thema der Informationsveranstaltung war die Abstimmung des Binnenmarktausschusses des Europäischen Parlaments über den so genannten Kompromiss zur Dienstleistungsrichtlinie. In einem anschließenden Interview erläuterte die PDS-Politikerin ihre Positionen. Aus ihrer Sicht steht auch der so genannte Kompromiss des EU-Parlaments zur Dienstleistungsrichtlinie von Binnenmarkt-Kommissar Frits Bolkestein für einen Liberalisierungsschub mit negativen Effekten für die Arbeitssicherheit, für soziale und ökologische Standards. „Die neuen Dienstleistungsrichtlinien bedeuten Deregulierung, Neoliberalismus und Privatisierung“, meint Sahra Wagenknecht. Sie befürchtet, dass mit den neuen Richtlinien verstärkt Sozial- und Lohndumping betrieben wird.
„Gerade in den westeuropäischen Ländern wird dies nationalistische Ressentiments zur Folge haben“, meint die EU-Abgeordnete. So sorge die Bereitschaft osteuropäischer Arbeitnehmer für hierzulande niedrige Löhne zu arbeiten in der Baubranche immer wieder für Unmut. Sahra Wagenknecht, die zunächst Philosophie und Neuere Deutsche Literatur studierte, beschäftigt sich nicht nur in der Politik sondern auch in der Wissenschaft mit wirtschaftlichen Zusammenhängen. Zurzeit schreibt die PDS-Politikerin an ihrer Doktorarbeit in Volkswirtschaftslehre an der Universität Potsdam. Als Berichterstatterin des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im EU-Parlament gehört es zu ihren Aufgaben, sich mit den europäischen Energiemärkten sowie der Geld- und Zinspolitik auseinanderzusetzen.

Zu den schlechten Wahlergebnissen der PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern meint Sahra Wagenknecht: „Schallender kann eine Ohrfeige durch die Wähler nicht sein“. Die dramatischen Einbrüche seien auch eine Quittung für die Politik im Berliner Senat, so Wagenknecht. Nach einem langen Tag in Berlin und Stuttgart gönnt sie sich spätabends eine Auszeit und bestellt im rustikal eingerichteten Nebenzimmer im Stuttgarter Stäffele einen schwäbischen Sauerbraten. Nach dem Essen wird Christian Stähle, der Kreisvorsitzende der Linksparteien Stuttgart, sie nach Straßburg fahren. Das dauernde Reisen ist der routiniert wirkende Polit-Profi Wagenbrecht gewohnt.

Zur Koalition mit der SPD im Berliner Senat meint die PDS-Politikerin: „Eine Koalition sollte nur fortgesetzt werden, wenn man als Partei erkennbar ist.

Wenn die PDS dies mit der SPD nicht kann, sollte man in die Opposition gehen“.

Und etwas später sagt sie: „Als Linke muss man die sozialen Interessen der Menschen vertreten. Dies muss man erkennen als eine Politik, die sich gegen Stellenabbau im öffentlichen Dienst, Kürzungen bei den Sozialleistungen und gegen Privatisierung wendet“. Für sie sind das Mindestvoraussetzungen für den Eintritt in eine Landesregierung. Eine Chance für eine erfolgreiche Entwicklung der beiden Linksparteien PDS und WASG, die nächstes Jahr fusionieren werden, sieht sie in einer überzeugenden „antikapitalistischen und sozialistischen Position“.

Sahra Wagenknecht spricht sich auch gegen nationale und internationale Einsätze der Bundeswehr aus und fordert den Rückzug der deutschen Truppen aus dem Irak.

„Kriegseinsätze, die elementare rechtsstaatliche Grundsätze verletzen, provozieren Terrorismus“, meint Sahra Wagenknecht, die sich im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung gegen die Weitergabe von SWIFT-Daten (Daten über Zahlungsverkehr) an die US-Behörden ausspricht. Dies stelle eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, so die PDS-Politikerin.

Am 6. Dezember wird die Veranstaltungsreihe der Linksparteien mit Gregor Gysi fortgesetzt. Die Veranstaltung unter dem Titel „Der rote Nikolaus zeigt der großen Koalition die Rute“ findet im Gewerkschaftshaus, Willy-Bleicher-Straße 20, um 20 Uhr statt.

Quelle:
Stuttgarter Wochenblatt