„Das Trauerspiel in Kongo ist auch ein europäisches“, Kommentar in „Neues Deutschland“
Am Donnerstag stimmte eine große Koalition von Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Rechtsnationalen im Europäischen Parlament für die EU-Militärintervention in der Demokratischen Republik Kongo. Tags zuvor hatten bereits die Vertreter der Mitgliedstaaten im sicherheitspolitischen Ausschuss des EU-Ministerrates den Einsatz während der Wahlen im Juni befürwortet. Demnach sollen etwa 1 500 Soldaten entsandt werden.
Offiziell geht es beim geplanten EU-Militäreinsatz im Kongo um die militärische Absicherung von Wahlen. Doch der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung sagt offen, um was es tatsächlich geht: „Um zentrale Sicherheitsinteressen unseres Landes! Wenn wir nicht dazu beitragen, den Unruheherd Kongo zu befrieden, werden wir es mit einem großen Flüchtlingsproblem in ganz Europa zu tun bekommen.“ Und weiter: „Stabilität in der rohstoffreichen Region nützt auch der deutschen Wirtschaft.“ CDU-Abgeordnete sprechen von strategischen Rohstoffen wie Wolfram und Mangan. Offensichtlich geht es beim EU-und Bundeswehreinsatz um Flüchtlingsabwehr und Rohstoffsicherung!
Ohne zum Kongo-Militäreinsatz formal entscheiden zu können, hatte das EU-Parlament diesmal beschlossen, sich vor allen einzelstaatlichen Parlamenten zur Sache zu äußeren. Allerdings berichtete die EU-Erkundungsmission im Kongo ihr Ergebnis lediglich dem EU-Rat, so dass für die Debatte wie auch für die gestrige Abstimmung im EU-Parlament überhaupt keine vernünftige Informationsgrundlage vorhanden war. Bei anderen zuständigen Kollegen hörte man, man wolle die Entscheidung in den Mitgliedstaaten positiv (für die EU-Militärintervention) beeinflussen.
Doch der konservative Vorsitzende des Unterausschusses Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments bemerkte jüngst: Die demokratischen Kontrollen des Militärs, die die EU von anderen Staaten einfordert, erfülle die EU selbst nicht.
Eine große Koalition der meisten Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen und Rechtsnationalen stimmte nun für die Militärintervention im Kongo. Warum wird die EU-Afrika-Politik vor allem mit Militär betrieben? Frankreich hat jetzt angeboten, seine Militärstützpunkte in Afrika zu europäisieren. Die Militärbasen entlang der afrikanischen Westküste werden derzeit ausgebaut. Warum? Ebenfalls zur Sicherung von Rohstoffwegen.
Die neuen Battle Groups der Europäischen Union haben nach EU-Strategiepapieren Afrika als Hauptziel. Die EU will mit diesem Einsatz zeigen, dass sie ein militärisch basierter Global Player ist.
Im Gegensatz dazu steht: Die EU hat nicht einmal ein Minimum der von der UNO geforderten humanitären Hilfe für Kongo bisher geleistet. Kongolesischen Sicherheitskräften, die von der EU ausgebildet wurden, werden massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Das kongolesische Trauerspiel ist so auch ein europäisches. Afrika kann vieles gebrauchen, nur keine neokoloniale Militärpolitik unter EU-Flagge.