„Die Koalition der sozialen Kälte“
Linkspartei-Vorstand wertet Koalition als „Versager“
In der nächsten Woche jährt sich der Amtsantritt der Regierung Merkel zum ersten Mal. Im nächsten Jahr übernimmt Deutschland die Doppelratspräsidentschaft in der EU und beim G8. Die bevorstehenden Anforderungen an die Bundesregierung sorgten für Gesprächsbedarf bei der Linken.PDS, der auf der Sitzung des Parteivorstandes abgedeckt wurde.
Auf der Pressekonferenz nach dem ersten Teil der Sitzung zeigte man sich sehr kritisch in Bezug auf die große Koalition. Lothar Bisky erinnerte an den bevorstehenden Buß- und Bettag, der zufällig auf den Tag fällt, an dem die Regierung Merkel ein Jahr im Amt ist. An die „soziale Kälte“ welche von der „Agenda 2010“ herrührt wäre durch eben diese Regierung nahtlos angeknüpft worden. Nun hätte die Bundeskanzlerin laut Bisky zu ihrem Jubiläum genügend Anlaß und die Chance zur Selbstbesinnung. Der Parteivorsitzende kritisierte die immer wieder auftretenden innerparteilichen Auseinandersetzungen und Profilierungskämpfe der Volksparteien, die dessen politische Glaubwürdigkeit stark herabsetzten. Seit der „Agenda 2010“ gäbe es in Deutschland keine elementaren Verlässlichkeiten mehr und die Gesundheitsreform würde ein Denkmal für politisches Versagen auf ganzer Linie sein. Nun sei es die Aufgabe der Bundesregierung die Schwerpunkte der wichtigen politischen Etappe der doppelt deutschen Ratspräsidentschaft richtig zu setzen und auch dafür einzustehen. Die Aufgabe der Linkspartei.PDS sei es nun, die große Koalition unter Druck zu setzen um eine friedliche Lösung der derzeit bestehenden Konflikte herbeizuführen.
Gabriele Zimmer, Sprecherin der Abgeordneten der Linken.PDS im Europa-Parlament ging auf das Thema EU genauer ein und betonte, wie essentiell die Bedeutung der Bundesregierung in diesem Zusammenhang sei, da die Erwartungshaltungen sehr hoch sind. 50 Jahre nach Abschluß der römischen Verträge müsse auch die EU ihren Kurs korrigieren. Anders als in den vergangenen Jahren müsse die bisherige Wirtschafts- und Währnugsunion nun zur europäischen Sozialunion erweitert werden. Dazu sei die Schaffung von europäischen Mindeststandards im sozialen Bereich nötig. Auch Helmut Scholz, Vorstandmitglied der europäischen Linken betonte den Bedarf an der Kursänderung. Die EU müsse in der Lage sein, zivile Lösungen für Konflikte zu finden und auch mit Präventivmaßnahmen auf eventuell bevorstehende Konflikte reagieren. Die Demokratie müsse an diesem Punkt erneuert werden, so dass die EU als politischer Handlungsraum die Verteidigung des Sozialstaates sichern und der wachsenden Europamüdigkeit entgegenwirken kann.
Auf die Frage nach dem Parteibildungsprozess, der zur Zeit in zahlreichen Parteisitzungen diskutiert wird, reagierte Lothar Bisky gelassen. Nach einem ausführlichen Austausch der verschiedenen Ansichten in Lübeck, sei er zuversichtlich, dass man das Projekt an sich nicht in Frage stellen kann, nur weil viele Überlegungen kursieren. Am 16. Juli nächsten Jahres sollen die Verhandlungen zu einem Abschluß kommen, da die Mehrheit auf eine neue Linkspartei hofft. Ein juristische einwandfreier Übergang müsse geschaffen werden, um eine gewisse Pluralität zu erreichen und gemeinsam Probleme zu lösen. Sicher sei allerdings, dass die Linkspartei.PDS und WASG verlieren, wenn sie gegeneinander antreten und gewinnen, wenn sie gemeinsam antreten.
Quelle:
Berliner Umschau