Einschätzung der Doha-Runde der WTO
Zu dem auf der Plenartagung des Europaparlaments vom griechischen Konservativen Georgios Papastamkos eingebrachten Bericht über die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen in Hong Kong
Zu dem auf der Plenartagung des Europaparlaments vom griechischen Konservativen Georgios Papastamkos eingebrachten Bericht über die Ergebnisse der WTO-Verhandlungen in Hong Kong erklärt der Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS Helmuth Markov:
Der Bericht macht deutlich, dass es sehr unterschiedliche Kritiken, Interessen und Schwerpunktsetzungen gibt, die kaum auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können.
Die Gemeinsame Agrarpolitik muss unter Beibehaltung ihres multifunktionalen Charakters reformiert werden. Es muss auch weiterhin Unterstützung für Bauern in der EU geben. Fördergelder müssen für eine sozial und ökologisch nachhaltige regionale Entwicklung der Landwirtschaft und nicht zum Vorteil der Agrar-Großindustrie und der Banken eingesetzt werden. Das Angebot der EU, ihre Ausfuhrerstattungen im Rahmen der GAP-Reformen bis 2013 abzuschaffen, ist wie auch die vorsichtige Senkung der internen Stützung nicht sonderlich großzügig.
Eine einzige, einheitliche Formel für Zollsenkungen im NAMA-Bereich (Non-Agricultural Market Access) halte ich generell für schwierig. Allen Staaten, besonders Entwicklungsländern, muss das Recht auf eigene Industrialisierung im selbst bestimmten Tempo zugestanden werden. Dabei müssen schwache Industrien geschützt werden können. Vor den negativen volkswirtschaftlichen Folgen, die das plötzliche Wegbrechen von Zolleinnahmen für diese Länder haben kann, warne ich ausdrücklich. Zölle sind häufig eine entscheidende Einkommensquelle für deren Staatshaushalte. Die Industriestaaten müssen ihren Marköffnungsdruck auf Entwicklungsländer einstellen.
Dasselbe gilt in noch größerem Maße für Dienstleistungen. In der vergangenen Woche hat selbst WTO-Generaldirektor Pascal Lamy erneut bestätigt, dass es allen Staaten – den GATS-Regeln entsprechend – frei steht, ihre Dienstleistungsmärkte zu liberalisieren oder nicht, auch wann und wie weit sie das tun wollen. Gerade im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Bildung, Kultur, Gesundheit, Infrastruktur, Energie, Wasserversorgung darf hieran nicht gerüttelt werden.
Der Bericht spricht das Problem der erodierenden Zollpräferenzen und der fallenden Rohstoffpreise an. In diesem und im Zusammenhang mit dem Auslaufen der AKP-EU Vereinbarungen sollte das Parlament zusätzlich auf eine stärkere Betonung der Entwicklungsziele im Rahmen der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen drängen. Immerhin gehört ein Drittel der AKP-Staaten zu den 50 am wenigsten entwickelten Ländern.
Ebenso wie der Berichterstatter begrüße ich die Einigung über die Änderung des TRIPS hinsichtlich des besseren Zugangs der Entwicklungsländer zu Arzneimitteln, halte sie aber nicht für ausreichend. Bei der verpflichtenden Lizenzierung wären weitere Änderungen nötig, um den Zugang zu Medikamenten für alle Menschen sicherzustellen, die solche benötigen. Im Rahmen des TRIPS muss außerdem der Transfer von Technologie für Entwicklungsländer erleichtert werden.
Was die demokratische Dimension angeht, halte ich nicht nur die stärkere Konsultation der Interparlamentarischen Union, sondern auch des Europäischen, der nationalen und regionalen Parlamente sowie der Öffentlichkeit für zwingend notwendig.