Zimmer: Spidla, übernehmen Sie!

Zum Scheitern der heutigen Verhandlungen über die Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie erklärt Gabi Zimmer MdEP (Die Linke im Europäischen Parlament):

Zum Scheitern der heutigen Verhandlungen über die Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie erklärt Gabi Zimmer MdEP (Die Linke im Europäischen Parlament):

„Wir begrüßen das Scheitern der Verhandlungen über die Novellierung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Der vom Rat verhandelte Kompromissvorschlag hätte für Europas Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur Verschlechterungen gegenüber der bestehenden Rechtslage gebracht. Es drohten noch flexiblere und längere Arbeitszeiten. Die klaren Urteile des Europäischen Gerichtshofs, dass am Arbeitsplatz verbrachte Bereitschaftszeiten voll als Arbeitszeit gelten, wären kassiert worden. Die Möglichkeiten des Opt-outs von der vorgeschriebenen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wären beibehalten und nur unwesentlich eingeschränkt worden. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist das Scheitern dieses historisch bisher einmaligen Versuchs, bestehende EU-Mindeststandards zur Arbeitszeit zu schleifen, durchaus ein Grund zum Feiern.

Beschäftigungskommissar Vladimir Spidla muss nun mit seinen Ankündigungen ernst machen, nämlich den bestehenden Kommissionsvorschlag zur Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie zurücknehmen, und rigoros Verfahren gegen jene 23 Mitgliedstaaten einleiten, welche die Bestimmungen der geltenden Richtlinie nicht einhalten, insbesondere bezüglich der Umsetzung der EuGH-Urteile zu Bereitschaftszeiten.

Wir fordern Kommissar Spidla weiterhin auf, auf Basis der ihr vorliegenden Erkenntnisse über den massiven Missbrauch des ‚individuellen Opt-Outs‘ in Großbritannien auch endlich hier energisch vorzugehen.

Wir erwarten von der deutschen Ratspräsidentschaft und von der Europäischen Kommission einen klaren Kurswechsel in der EU-Arbeitszeitpolitik. Nach Angaben des Statistischen Amtes der EU betrug sie deutlich weniger als die in der geltenden EU-Arbeitszeitrichtlinie vorgesehene maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden.

Die maximale Wochearbeitszeit muss deshalb in Richtung der tatsächlichen Arbeitszeiten abgesenkt werden. Diese liegt im Durchschnitt der EU-25 bei den Vollzeitbeschäftigten bei 40,2 Stunden. Die deutsche Ratspräsidentschaft muss eine Diskussion über die Schaffung eines neuen EU-Arbeitszeitstandard einleiten:

– Die maximale Wochenarbeitszeit muss in einem ersten Schritt nach oben drastisch begrenzt werden (z.B. auf 42 Wochenstunden);
– alle „Anreize“ (bei Steuern, Lohnnebenkosten usw.) für prekäre Beschäftigungsverhältnisse gehören abgeschafft werden;
– Teilzeit muss als substanzielle, geschützte Teilzeitarbeit (15 -25 Wochenstunden) gestaltet werden – für alle, die Teilzeit wollen;
– Voll- und Teilzeitarbeit müssen im Hinblick auf Karrierechancen, Stundenentgelte, Sozialleistungen, Weiterbildung usw. gleichgestellt werden.“