ALBA statt ALCA – Sozialer statt radikaler Freihandel
Bolivien, Kuba und Venezuela haben mit der Unterzeichung des ‚Handelsvertrags der Völker‘ die Abschaffung von Zöllen sowie den gegenseitigen Bezug von Waren und Rohstoffen (Erdöl, Bergbau- und Landwirtschaftsprodukte) zu Vorzugskonditionen vereinbart. Zudem einigten sich die Regierungschefs Castro, Chavez und Morales auf intensivere (sozial-)politische Unterstützung, insbesondere für Bolivien: Kuba will Ärzte und Lehrer in das Land entsenden. 10.000 bolivianische Studentinnen und Stu-denten sollen in den beiden Partnerstaaten Stipendien für Studienaufenthalte bekom-men. Zudem stellt Venezuela einen Fonds ein, aus dem soziale und wirtschaftliche Projekte in Bolivien, das zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas gehört, unterstützt werden. Derartige Austauschbeziehungen existieren bereits seit dem Jahr 2001 unter der Initiative ‚Bolivarianischen Alternative für Amerika‘ (ALBA). Sie ist der Gegen-entwurf zur ALCA, dem Freihandelszonenprojekt der USA, das Zölle und Handels-hemmnisse von Alaska bis Feuerland beseitigen sollte. Zwar haben sich bislang erst drei Staaten zur ALBA bekannt, doch auch andere karibische Staaten lassen sich gern von Venezuela mit verbilligten Öllieferungen versorgen.
Die USA ihrerseits streben eine panamerikanische Freihandelszone unter ihrer eige-nen Führung an, was neben den oben genannten vor allem die Mercosur-Staaten (Ar-gentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) aus guten Gründen ablehnen: Die ALCA könnte zwar einigen Ländern zunächst Vorteile im Export- oder Investitionsbereich bringen. Aber wie das Beispiel Mexiko in der North American Free Trade Area (NAFTA) zeigt, sind damit Risiken wie Deindustrialisierung, Krisen in der Landwirt-schaft, wachsende Armut und kulturelle ‚Nordamerikanisierung‘ verbunden. Anderer-seits sind es wiederum die USA, die nach dem Scheitern des Amerika-Gipfels im ar-gentinischen Mar del Plata im November 2005, die mit Peru, Kolumbien und Ecuador bilaterale Freihandelsverträge abschlossen und damit die Bildung anderer Bündnisse geradezu herausfordern: Die Entscheidung Boliviens, sich mit der Unterzeichnung des Handelsvertrages der ALBA anzuschließen, dürfte nicht zuletzt den zu erwartenden Auswirkungen der bilateralen Abkommen geschuldet sein. Wenn die USA ab 2007 hochsubventionierten Soja an Kolumbien liefern, wird Bolivien, wo 12.000 Arbeits-plätze am Soja hängen, wohl kaum noch zwei Drittel seiner Produktion an das Land loswerden.