Helmuth Markov zum Scheitern der WTO-Gespräche in Genf
Den erneuten Schock von Genf kann man nur begrüßen. Das Platzen des Treffens bietet hoffentlich Anreiz zum Umdenken: Statt stur auf eigenen Interessen zu beharren – Marktöffnung für Industrieprodukte und gleichzeitig Abschottung der eigenen Agrarmärkte – sollten sich die entwickelten Länder daran erinnern, dass Doha eine Entwicklungsrunde sein sollte. Das gilt insbesondere für die USA und die EU-Mitgliedstaaten.
Nach den viertägigen Gesprächen in Genf (29. Juni bis 03. Juli) musste WTO-Chef Pascal Lamy zugeben, dass es keinerlei Fortschritte gibt, die Doha-Verhandlungsrunde vielmehr in einer tiefen Krise steckt. Da es in Hunderten Detailfragen keine Chance auf Verständigung gab, wurden die Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen und auf Ende Juli vertagt. Ob es dann zu einer Einigung kommt, ist jedoch mehr als fraglich: Die Vereinigten Staaten denken nicht daran, ihre Agrarexportsubventionen schnell abzubauen. Die EU ist nicht bereit, ihre internen Beihilfen für landwirtschaftliche Produkte weiter abzusenken. Aus Sicht der Entwicklungsländer, die auch unter einander differente Interessen vertreten, ist es unter diesen Umständen nicht einsichtig, warum sie ihre Märkte für Fertigprodukte aus den Industriestaaten weiter öffnen sollten.
Diese Gemengelage zeigt erneut, dass die Grundhaltung in den Verhandlungen nicht funktioniert. Es kann nicht darum gehen, mit einem Wisch einfach allen Handel den Mechanismen des freien Marktes zu überlassen. Vielmehr muss eingesehen werden, dass sich jede Volkswirtschaft in ihrer eigenen Geschwindigkeit entwickelt. Jedem Staat muss daher die Entscheidungsfreiheit zugestanden werden, wann und wie weit er welche seiner Märkte dem Welthandel öffnet. Im Sinne der Entwicklungsziele der Doha-Runde wären zudem zunächst die entwickelten Länder an der Reihe, ihren Protektionismus zurückzufahren.