Ohne Politikwechsel läuft auch eine bessere Kommunikation ins Leere

Zum Weißbuch der EU-Kommission über eine europäische Kommunikationspolitik erklärt die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:

Allen Ernstes ist die EU-Kommission offenbar der Auffassung, die wachsende Kluft zwischen der europäischen Politik und den Bedürfnissen der Menschen könne durch eine effizientere und mehr bürgernahe Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit überwunden werden. Dies jedenfalls ist der Grundgedanke ihres neuen Weißbuchs. Alle EU-Institutionen, die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, regionale und lokale Gebietskörperschaften sowie Nichtregierungsorganisationen sollen sich zu einem „europäischen Verhaltenskodex zur Kommunikation“ verpflichten, damit sich Bürgerinnen und Bürger besser über Europa informieren und sich in europäischen Angelegenheiten leichter Gehör verschaffen können.

Nach dem im Oktober 2005 vorgelegten „Plan D“ (Plan für Demokratie, Dialog und Diskussion), mit dem die EU-Vertrauenskrise überwunden werden soll, lügt sich die Kommission mit diesem Weißbuch ein weiteres Mal in die eigene Tasche. Ein Blick in die von ihr jüngst herausgegebene Eurobarometer-Umfrage hätte genügt, um festzustellen, dass es die antisoziale Wettbewerbs- und Deregulierungspolitik ist, weshalb die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur EU dramatisch sinkt – und dafür stehen solche Projekte der Kommission wie die vom Europäischen Parlament bereits zum zweiten Mal abgelehnte Richtlinie zu Hafendienstleistungen oder die anvisierte Dienstleistungsrichtlinie, die einen Dumpingwettlauf nach unten eröffnet. Hier liegen die tatsächlichen Gründe, weshalb eine Mehrheit der Bevölkerung in der Bundesrepublik die EU und ihre Erweiterungspolitik als wirtschaftliche und soziale Bedrohung wahrnimmt und nicht als Ebene für die mögliche Lösung schwieriger Fragen wie den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Sicherung sozialer Standards.

Der Kern des Problems ist und bleibt die neoliberale Ausrichtung der Politik in der Europäischen Union. Solange die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten keine Bereitschaft für einen grundlegenden Politikwechsel in Richtung eines sozialen Europas entwickeln, solange wird es nicht gelingen, die Kluft zwischen der EU und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu verringern. Allein verbesserte Kommunikationsstrategien, so notwendig sie auch sind, werden hier kaum etwas bewirken.