Doppelte Standards bei der Menschenrechtspolitik in der EU
Zur heutigen Abstimmung im Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments „Zu dem Jahresbericht 2005 zur Menschenrechtslage in der Welt und der Menschenrechtspolitik der Europäischen Union (2005/2203(INI)“, erklärt der Europaabgeordnete der Linksfraktion (GUE/NGL), Tobias Pflüger, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses:
Leider hat auch die heute im Auswärtigen Ausschuss verabschiedete Entschließung zum Menschenrechtsbericht der EU eine ganz erhebliche Schieflage. So werden tendenziell Menschenrechtsverletzungen in befreundeten Staaten sowie in Staaten in denen Truppen von EU-Mitgliedstaaten stehen, praktisch nicht benannt. Es findet sich kein Wort zur Verletzung der Religionsfreiheit in Afghanistan, keine Erwähnung der extralegalen Hinrichtungen und der systematischen Folter in irakischen Gefängnissen und kein einziges Wort über die Menschenrechtsverletzungen der von der EU ausgebildeten kongolesischen Polizeitruppen. Krieg als gravierende Menschenrechtsverletzung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird völlig ausgeblendet. Aus diesem Grund habe ich gegen die Entschließung gestimmt. Menschenrechtsrechte haben eine soziale und zivile – keine militärische – Logik. Menschenrechtspolitik zu instrumentalisieren um gegen missliebige Staaten vorzugehen und um wirtschaftliche und geopolitische Interessen zu befördern, lehne ich ab. Das bis auf wenige Ausnahmen dröhnende Schweigen zur Menschenrechtssituation in mit der EU befreundeten Staaten wirft ein Schlaglicht darauf, welchen Stellenwert Menschenrechte in der Europäischen Union zurzeit haben. Durch die stetige Anwendung doppelter Standards und die andauernde Instrumentalisierung von Menschenrechten um Kriege zu legitimieren, droht Menschenrechtspolitik in der EU dauerhaft unglaubwürdig zu werden. Dies muss sich dringend ändern.
Brüssel, den 20. April 2006