Ratsgipfel: Keine Reflexion, sondern Arroganz der Macht

Pressemitteilung MdEP Gabi Zimmer zum am Donnerstag in Brüssel beginnenden EU-Gipfel

PRESSEMITTEILUNG DER EUROPAABGEORDNETEN GABI ZIMMER
ZUM AM DONNERSTAG BEGINNENDEN EU-GIPFEL IN BRÜSSEL

Strasbourg, 14. Juni 2006

Ratsgipfel: Keine Reflexion, sondern Arroganz der Macht

„Aus den bisherigen Planungen und Überlegungen zum bevorstehenden Gipfel ist erkennbar, dass dieser der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln soll, dass man das ‚Nein‘ zur Europäischen Verfassung als Kritik am Politikstil begriffen habe, aber nicht an der offiziellen Politik und ihren Prioritäten“, sagte die Europaabgeordnete der Linkspartei Gabriele Zimmer am Mittwoch in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament. Es habe im vergangenen Jahr keine verantwortungsvolle Reflexion gegeben, sondern eine Artikulation von Arroganz der Macht und Unbelehrbarkeit.

Das vergangene Jahr des „offiziellen Reflektierens, Zuhörens, Besinnens und Kommunizierens“ sei zum einen durch die Proteste gegen die Dienstleistungsrichtlinie geprägt gewesen und durch teilweise wochen- und monatelange Aktionen, in denen sich die Menschen wie in Frankreich, Griechenland oder auch in Deutschland gegen geplanten Sozialabbau wehrten und für ihre ureigensten demokratischen Rechte eintraten, begründete sie in der Debatte zum bevorstehenden Ratsgipfel. Sie erinnerte an die seit Monaten andauernden Streiks der Ärzte in deutschen Unikliniken.

Es werde Zeit, dass sowohl die Regierungen aber auch Kommission und Europäisches Parlament zur Kenntnis nehmen, dass außerhalb der europäischen Institutionen Bürgerinnen und Bürger „schon längst angefangen haben, ihre eigenen Vorstellungen von einer anderen EU zu entwickeln und diese auch einzufordern“. Es sei offensichtlich, dass die Regierenden in der EU zu Zugeständnissen auf Grund des anwachsenden Drucks genötigt wurden und sich darum um eine bessere Vermittlung ihrer Politik und um eine effektivere und vom Management her rationellere und qualifizierte Umsetzung ihrer Projekte und Vorhaben bemühen.

Von einer Uneinsichtigkeit zeugt nach Ansicht von Gabriele Zimmer beispielsweise der kürzlich vorgelegte Vorschlag aus der österreichischen Ratspräsidentschaft, den alten Verfassungstext unverändert zur direkten Abstimmung in den EU-Mitgliedsstaaten vorzulegen. „Ohne eine Aufnahme der Proteste, Kritiken und Vorstellungen, die auf eine demokratische, soziale, friedliche und ökologische EU zielen, wird das europäische Integrationsprojekt keine wachsende Akzeptanz finden“, warnte die Politikerin. Gerade weil zunehmend mehr Menschen selbst in Ländern wie Deutschland die EU ablehnen, sei man gezwungen, „endlich die Arroganz der Regierenden, der doch besser Informierten und besser Wissenden gegenüber den Bevölkerungen aufzugeben und die EU gemeinsam mit ihnen gestalten“.

Trotz einiger statistisch belegter Verbesserungen seien die sozialen und ökologischen Probleme in der Europäischen Union weiter angewachsen, betonte Zimmer. Neonazismus, Rassismus und verschiedene Extremismen hätten sich keinesfalls verringert und die Menschen fühlten sich nicht sicherer. „Die Europäische Union hat mehr zur Zuspitzung globaler Probleme als zur Erfüllung der Millennium Development Goals beigetragen“, erklärte sie.

Zimmer regt an, die Arbeit in den Institutionen an den verschiedenen EU-europäischen Richtlinien bis zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge ruhen zu lassen, da die versprochene Besinnung und Reflexion von Juni 2005 bis Juni 2006 ausgeblieben sei. Stattdessen sollte es „demokratische Aussprachen geben und die Offenlegung dessen, was seit Juni 2005 in der Europäischen Union wirklich geschehen ist“. Sie erinnert beispielsweise an die „muntere Entwicklung des Binnenmarktes für Rüstungsgüter einerseits“ und die „Vorlage einer demokratisch entstandenen Petition ‚Gebt den Bürgerinnen und Bürgern das Sagen‘ sowie der ‚Charta der Prinzipien für ein alternatives Europa‘ andererseits“.