Die atomare Gefahr wächst – Deutsche EU-Ratspräsidentschaft muss handeln
Zum US-amerikanisch-indischen Nukleardeal sowie zum Eingeständnis Israels, Atomwaffen zu besitzen, erklärt die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
Zum US-amerikanisch-indischen Nukleardeal sowie zum Eingeständnis Israels, Atomwaffen zu besitzen, erklärt die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
„Eine Schreckensmeldung jagt die andere. Von Tag zu Tag wird die Welt unsicherer – und nichts geschieht gegen den atomaren Wahnsinn.
Gerade erst gestand Israels Ministerpräsident erstmals offen ein, dass sein Land über Atomwaffen verfügt. Der Sachverhalt an sich ist zwar nicht neu, dennoch wird dieses Eingeständnis die geopolitische Lage im Nahen und Mittleren Osten dramatisch verändern. Das Wehgeschrei über den unverantwortlichen nordkoreanischen Atomtest klingt noch in unseren Ohren und schon erfolgte in Japan ein unfassbarer Tabubruch. Im Land von Hiroshima und Nagasaki wird öffentlich über eine atomare Bewaffnung sinniert. Die iranischen Atomambitionen sind ein Dauerbrenner. In den USA soll ein Milliarden-Dollar-Programm für eine ganz neue Generation von Nuklearwaffen aufgelegt werden. Russland, Großbritannien und Frankreich brüsten sich ungeniert mit der Modernisierung ihres atomaren Arsenals.
Fast von der europäischen Öffentlichkeit unbemerkt, bestätigte vor wenigen Tagen der US-Senat ein Abkommen mit Indien, das die Lieferung von US-amerikanischer Nukleartechnologie und Uran vorsieht. Damit wollen die USA den indischen Subkontinent als Gegengewicht zum aufstrebenden China für sich gewinnen. Da spielt es keine Rolle, dass mit diesem Deal dem Atomwaffensperrvertrag der Todesstoß verpasst wird. Denn er durchbricht das Prinzip, dass Staaten wie Indien oder Pakistan, die sich dem Nichtweiterverbreitungsvertrag verweigern, keine nukleare Unterstützung bekommen dürfen, auch keine zivile.
Vor diesem aktuellen Hintergrund sind umgehend konzertierte politische Aktionen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union erforderlich, und zwar in Richtung Abrüstung, nukleare Nichtweiterverbreitung und Rüstungskontrolle. In Wahrnehmung seiner oft beschworenen Verantwortung für den Frieden in der Welt muss Deutschland, das auf Atomwaffen verzichtet hat, als Impuls- und Ideengeber handeln. Ich rufe deshalb die Bundesregierung erneut dazu auf, dafür die bevorstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen. Vor allem Abrüstung muss auf den Weg gebracht werden, denn sie ist das einzige wirksame Instrument, um die Verbreitung von Atomwaffen und damit verbundene Risiken zu bekämpfen. Insbesondere die alten Atommächte müssen endlich dazu gebracht werden, mit eigenen Abrüstungsschritten voranzugehen.“
Brüssel, den 18. Dezember 2006