EU-Dienstleistungs- richtlinie: Europaparlament macht Wettbewerb zum Non-plus-Ultra
Die Linksfraktion hat geschlossen gegen die von Konservativen und Sozialdemokraten vorgelegte Kompromissfassung zur EU-Dienstleistungsrichtlinie gestimmt, die heute im Europäischen Parlament verabschiedet wurde. Hierzu erklären die Europaabgeordneten der Linkspartei.PDS Gabi Zimmer und André Brie:
Der öffentliche Druck von Sozialverbänden und -organisationen, Gewerkschaften und linken Parteien in der zurückliegenden Auseinandersetzung hat entscheidend zu Korrekturen und Entschärfungen der ursprünglichen, nach dem damaligen EU-Kommissar benannten Bolkestein-Richtlinie geführt.
Der Kommissionsentwurf hat so wesentliche Verbesserungen erfahren. Zu ihnen hat die Linkspartei aktiv beigetragen. Die Gebhardt-Richtlinie stellt zweifelsohne ein besseres Dokument dar als die Bolkestein-Richtlinie. Gegenüber der bisherigen Rechtslage allerdings ist auch sie eine bedrohliche Verschlechterung und öfnnet dem Abbau von Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Rechtssicherheit die Tür.
Unter der Überschrift „Freier Dienstleistungsverkehr“ wird in nicht geringem Maße das Herkunftslandprinzip der Kommission aufrecht erhalten. Nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Volksgesundheit und der Umwelt können Staaten auf der Einhaltung nationaler Bestimmungen bestehen. Ansonsten gelten die Gesetze jenes Landes, aus dem der Dienstleister kommt. Das ist der Startschuss zu einem Run auf die Gerichte und zu Sozialdumping.
Besonders folgenschwer ist zudem die Aufnahme weiter Teile der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“, von Teilen des Gesundheitswesens sowie der Leih- und Zeitarbeit in die Richtlinie.
Der wohl schwerwiegendste europäische Rechtsakt soll nun mit einem zutiefst widersprüchlichen Gesetzeswerk gestemmt werden. Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen in der Union werden alsbald gleichermaßen dessen Last schultern müssen. Die Richtlinie in ihrer jetzigen Form birgt eine Reihe unvereinbarer Regelungen, die keine Rechtssicherheit geben. Besonders fatal wird sich dies etwa auf Dienstleistungen im öffentlichen Nahverkehr sowie der Abfall- und Wasserwirtschaft auswirken, über deren Handhabung die Richtlinie widersprüchliche Bestimmungen aufgenommen hat. Ohnehin werden nur diejenigen die Bestimmungen der Richtlinie beherrschen können, die alle 25 verschiedenen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten beherrschen.
Nach dem Nein zur Verfassung in Frankreich und den Niederlanden hätten die Bürgerinnen und Bürger der Union mit der Idee eines sozialen Europas erneut für eine europäische Integration gewonnen werden können. Mit der verabschiedeten Dienstleistungsrichtlinie, die den Wettbewerb zum Non-plus-Ultra in Europa erhebt, und in der Sozialpolitik, Umwelt- und Verbraucherschutz lediglich noch eine Reparaturfunktion haben, wird diese Chance vertan.