Ein kleiner Sieg

Zur Einstellung des Verfahrens gegen den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk erklärt Feleknas Uca, Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS:

Mit großer Freude und Erleichterung habe ich die Nachricht von der Einstellung des Verfahrens gegen den türkischen Schriftsteller und Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 2005 Orhan Pamuk zur Kenntnis genommen. Nachdem ich im Dezember 2005 gemeinsam mit einer Delegation des Europäischen Parlaments an der Eröffnung des Verfahrens gegen Orhan Pamuk in Istanbul teilgenommen habe, hatte sich mein bisheriger Eindruck nur noch bestätigt: Bei der Anklage wegen „Beleidigung des Türkentums“ gegen Orhan Pamuk handelt es sich um ein weiteres Beispiel für die nach wie vor herrschende Ignoranz der türkischen Justiz gegenüber demokratischen Grundprinzipien wie dem der freien Meinungsäußerung. Dass jetzt das Justizministerium in Ankara entschieden hat, es sei nach dem neuen Strafgesetzbuch im Fall Pamuk nicht entscheidungsbefugt, kann als kleiner Sieg gefeiert werden.

Ich werte daher die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren gegen Orhan Pamuk einzustellen, als Erfolg für die Demokratie und des energischen Protests der Europäischen Union, die den Prozess ganz richtig als Test für die Türkei im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur EU eingestuft hatte.

Darüber hinaus darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei Orhan Pamuk nur um ein Opfer von vielen, die für Meinungsfreiheit in der Türkei kämpfen, handelt. Von gleichen oder ähnlichen Anklagen und Verfahren sind auch die Verleger Ragip Zarakolu und Fatih Tas sowie die Schriftsteller Hrant Dink, Emin Karaca, Burak Pekdil aber auch die Journalisten Aydogan Inal und Mehmet Aslan betroffen.

Ich hoffe, dass das Justizministerium in Ankara auch in Zukunft demokratisch entscheidet und sich darum bemüht, das Neue Strafgesetzbuch im Sinne einer freiheitlichen, demokratischen Rechtssprechung auszulegen – auch ohne den Druck durch offizielle Beobachter, Berichterstattung durch die Medien und die Kritik internationaler Organisationen.