Konferenz der Linksfraktion: „Venezuela und die europäische Perspektive“

Victor Perli

Venezuela war Thema einer Konferenz, die im Dezember von der Linksfraktion im Europäischen Parlament, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem Solidaritätsbündnis „Venezuela avanza“ in Berlin veranstaltet wurde. Experten aus Venezuela und Europa sowie etwa 150 TeilnehmerInnen sorgten bei der federführend von Sahra Wagenknecht, MdEP organisierten Veranstaltung für spannende Diskussionen.
Carolus Wimmer, Direktor für internationale Beziehungen der venezolanischen Nationalversammlung berichtete über die bolivarianische Revolution und ihre Ausstrahlung auf die sozialen Bewegungen Lateinamerikas. Das erfolgreich überstandene Abwahl-Referendum habe mit Präsident Chávez auch den gesamten bolivarianischen Prozess gestärkt.
Großes Interesse erweckte der Beitrag von Modaira Rubio, Professorin an der bolivarianischen Universität in Caracas, über die Rolle der Frau in Venezuela. Deutlich mehr Frauen als früher hätten nun einflussreiche Posten. Frauen würden besonders von den neuen Möglichkeiten profitieren, so z.B. dem gebührenfreien Studium für Menschen aus unteren Schichten und Krediten einer speziellen Frauenbank.
Der Publizist Gregory Wilpert veranschaulichte die Medienlandschaft Venezuelas. Mittlerweile gebe es zwar auch unabhängige Medien, die Privatmedien seien jedoch allesamt in oppositioneller Hand und z.B. auch beim Putschversuch 2002 tonangebend gewesen. Ziel des neuen Mediengesetzes sei es, Falschinformationen entgegenzuwirken.
Bernabé Carrero Cuberos, Botschafter Venezuelas in Deutschland, bedauerte das im Ausland vorherrschende Interesse, dem Ansehen der venezolanischen Regierung zu schaden. So habe beispielsweise die CDU- nahe Konrad-Adenauer-Stiftung einen Bericht über Venezuela anhand manipulierter Daten verfasst. Wichtig sei, eine realistische Wahrnehmung der Situation in Venezuela zu ermöglichen.
In der veränderten Haltung der neuen spanischen Regierung sah Maurice Lemoine von der französischen Monatszeitung „Le Monde diplomatique“ eine Chance, die Beziehungen zwischen den europäischen Regierungen und Venezuela aufzutauen. Europa als potenzieller Verbündeter gegen die US-amerikanische Allmacht auf ihrem Kontinent sei für viele lateinamerikanische Regierungen von großer Bedeutung.
Den Schluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion mit Sahra Wagenknecht und Jaromír Kohlícek von der Linksfraktion im Europaparlament sowie weiteren Beobachtern des Referendums im August, in der es u. a. um das schwierige Verhältnis der Sozialdemokraten zu Venezuela ging. Der österreichische SPÖ-Europaabgeordnete Jörg Leichtfried berichtete, dass dem Thema oft ausgewichen werde.
Die Konferenz zeigte, dass das Interesse an Venezuela groß, jedoch noch zu wenig über die Situation bekannt ist. Bleibt zu hoffen, dass der Appell von „Venezuela avanza“, sich jetzt solidarisch zu zeigen – und nicht wie im Fall Chiles 1973 erst nach dem Putsch – beherzigt und zu weiteren Aktivitäten führen wird.