„Atmende Unternehmen“ – atemlose Menschen?
Jahresarbeitszeitkonten und andere flexible Arbeitszeitmodelle sollen Unternehmen Spielräume verschaffen, „wettbewerbsfähiger“ zu werden. Bei guter Auftragslage sind überlange wöchentliche Arbeitszeiten gefordert, bei schlechter kürzere – die Unternehmen „atmen“ im Rhythmus der Konjunktur. Als Puffer für Auftragsspitzen werden überwiegend Leiharbeit und befristete Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt. Reguläre Neueinstellungen finden kaum noch statt. Das betriebliche Geschehen wird so weitgehend vom Arbeitsmarkt abgekoppelt. Neue Arbeitsplätze gibt es überwiegend in Form prekärer Beschäftigungsverhältnisse.
Die Stammbelegschaften verzichten auf Gehalt, nicht nur beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Angeblich könne so wenigstens für sie Beschäftigungssicherheit erreicht werden. Doch diese Rechnung geht immer weniger auf. Hinzu kommt: die Unternehmen sparen Kosten, weil sie Überstundenzuschläge abschaffen können. Und rund ein Fünftel der von Arbeitnehmern aufgebauten Zeitguthaben in der Privatwirtschaft und fast zwei Fünftel im Öffentlichen Dienst in Deutschland verfallen einfach. Die Unternehmen erreichen so eine enorme Gewinnsteigerung. Die Beschäftigten verzichten und stehen unter enormen zeitlichen Belastungen. Für sie wird es immer schwieriger, Privatleben und Beruf durch verlässliche Zeitplanung zu vereinbaren.