Zur Kapitalismuskritik. Gastkommentar, erschienen im Oranienburger Generalanzeiger, 4. Mai 2005

Natürlich hat Herr Müntefering Recht, scharfe Kritik am Kapitalismus zu üben. Ein Kapitalist denkt betriebswirtschaftlich an seinen Ertrag, nicht an den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft. Dazu ist eine Regierung da. Wenn diese aber alle Grenzen, die man Kapital auferlegen kann, wegreißt und Gesetze erlässt, die den sozialen Zusammenhalt aufs Spiel setzen (Agenda 2010, Hartz-IV, 26 Mrd. Euro Mindereinnahmen durch Senkung der Körperschaftssteuer), darf sie nicht lamentieren. Wer mit dem Finanzdienstleistungsgesetz Hedgefonds den roten Teppich ausrollt, darf sich hinterher nicht wundern, wenn das Kapital die ihm gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten nutzt.

Wenn Herr Müntefering sich selbst ernst nimmt, muss er jetzt für einen Politikwechsel eintreten. Falls seine Kritik tatsächlich ein strategisches Umdenken in der Bundesregierung bewirken sollte, wird dies von der PDS natürlich begrüßt. Uns sind Partner für eine sozial gerechte Arbeits-, Gesundheits-, Renten- und Steuerreform jederzeit herzlich willkommen.

Noch eins: Pauschale Kritik sollte man nicht üben. Viele Kleinst- und Kleinunternehmer haben durchaus ein soziales Verständnis und sind von der Bundesregierung nicht mit Steuergeschenken bedacht worden. Den Vergleich von Menschen mit Tieren (Heuschrecken) halte ich in jedem Fall für unangemessen. Man soll Tiere nicht diskriminieren. Also, Herr Müntefering: Auf zu neuen Ufern! Sozial gerecht, demokratisch und friedlich – und nicht nur vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen!