EU muss US-Mordaufruf gegen Chávez zurückweisen
Zum öffentlichen Aufruf des republikanischen US-Politikers und Fernsehpredigers Pat Robertson zur Ermordung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, erklärt Sahra Wagenknecht, Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS und Mitglied der Anden-Delegation im Europäischen Parlament:
Der öffentliche Aufruf des US-Politikers Pat Robertson zur Ermordung von Hugo Chávez ist eine Absage an demokratische und rechtstaatliche Grundprinzipien. Er muss umgehend und mit Schärfe nicht nur von der US-Regierung, sondern auch von Bundesregierung und EU zurückgewiesen werden.
Dass ein einflussreicher US-Politiker und ehemaliger republikanischer Präsidentschaftsbewerber öffentlich zum Mord an einem ausländischen Regierungschef aufrufen kann, bekräftigt die Vermutung, dass seine Position von der US-Regierung nicht nur gebilligt, sondern gedeckt wird. Die Äußerungen Robertsons fügen sich nahtlos ein in die in den letzten Monaten immer stärker werdende Drohkulisse der USA gegenüber Venezuela sowie ihre Politik der offenen Destabilisierung durch Förderung und Finanzierung einer Opposition, die sogar zu Putschversuchen bereit ist. Bei der venezolanischen Opposition dürften die Äußerungen Robertsons denn auch so angekommen sein, wie sie gemeint sind: als Hinweis darauf, dass in politisch einflussreichen Kreisen der USA sämtliche Aktivitäten bis hin zum Mord von Hugo Chávez mit Wohlwollen betrachtet werden. Halbherzige Distanzierungen von Robertsons Äußerungen, wie sie jetzt aus der US-Regierung zu hören sind, sind deshalb kein Grund zur Beruhigung. Die USA haben wiederholt gezeigt, dass sie auch vor Mord nicht zurückschrecken, wenn ihnen die bedingungslose Gefolgschaft verweigert wird oder sie ihre Interessen gefährdet sehen. Die Botschaft ist deshalb klar: Jeder der sich in Lateinamerika unbotmäßig verhält, läuft Gefahr, von den USA oder ihren Helfershelfern der extremen Rechten ermordet zu werden.
Die EU, deren Verhältnis zur venezolanischen Regierung sich erst in der letzten Zeit etwas entspannt hat, und insbesondere der Beauftragte für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana sowie Außenkommissarin Ferrero Waldner stehen in der Pflicht, ihr bisheriges Schweigen zu brechen und den Mordaufruf gegen Chávez unmissverständlich und mit Nachdruck zu verurteilen. Hugo Chávez ist der demokratisch gewählte und erst vor einem Jahr von der Bevölkerung deutlich in seinem Amt bestätigte Präsident Venezuelas. Zurückhaltung in der Frage eines öffentlichen Mordaufrufs gegen ihn kann mit Recht als stillschweigende Zustimmung gewertet werden – mit unabsehbaren Folgen für die internationalen Beziehungen. Jedem Anklang, dass politische Morde als Mittel der Politik betrachtet werden könnten, muss umgehend und unmissverständlich eine Absage erteilt werden. EU und deutsche Bundesregierung sollten hier ein klares Zeichen setzen.
Sahra Wagenknecht, MdEP
Brüssel/Berlin, den 24. August 2005