Keine Wählertäuschung auf dem Rücken von Türkinnen und Türken
Zur Thematisierung eines künftigen EU-Beitritts der Türkei durch die CDU/CSU im Bundestagswahlkampf 2005 erklärt die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
Die Kanzlerin in spe und der bayerische Ministerpräsident haben mit ihrer jüngst erhobenen Forderung, der Türkei anstelle der Option einer Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union lediglich die „privilegierte Partnerschaft“ als Ziel der Beitrittsverhandlungen anzubieten, das Thema eines türkischen EU-Beitritts verantwortungslos zum Wahlkampfthema gemacht. Mit einer rechtspopulistischen und nationalistischen Kampagne, die dazu angetan ist, das Verhältnis zwischen Bundesbürgern und in Deutschland lebenden Türken zu vergiften, soll auf Teufel komm raus ein Wahlergebnis erzielt werden, um eine schwarz-gelbe Koalition zu Stande zu bringen.
CDU und CSU erwecken den Eindruck, als stünden die Türken bereits vor den Toren von Wien und Brüssel. Das ist übelste Wählertäuschung. Tatsache ist vielmehr, dass weder in dieser noch in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die Entscheidung über einen EU-Beitritt der Türkei ansteht. Weder ist die Türkei in absehbarer Zeit beitrittsfähig, noch ist die EU auf Grundlage des geltenden Nizza-Vertrags politisch, institutionell und wirtschaftlich in der Lage, die Türkei als Mitglied aufzunehmen. In der Türkei müssen erst die Menschenrechte umfassend garantiert, die Minderheiten geachtet und viele ökonomische und soziale Reformen durchgeführt werden, um die EU-Aufnahmekriterien zu erfüllen – und das wird alles in allem noch sehr viele Jahre in Anspruch nehmen. Im Endergebnis wäre dies ein Gewinn für die Menschen in der Türkei und für Europa. Hinzu kommt, dass in der EU ein Klima geschaffen werden und heranreifen muss, welches die Gewähr bietet, dass die Bürgerinnen und Bürger in allen EU-Mitgliedstaaten einem EU-Beitritt der Türkei positiv gegenüberstehen. Das alles sind maßgebliche Gründe dafür, weshalb die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei völlig ergebnisoffen geführt werden und dass es für einen EU-Beitritt der Türkei keinen Automatismus geben kann und auch nicht geben wird. Die Linkspartei.PDS unterstützt den geplanten Beginn von Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober diesen Jahres.