GUE/NGL-Delegation in Athen
Die neue Haltung Österreichs zur Bolkestein-Direktive „gibt der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung für ein Zurückziehen des Projektes neuen Auftrieb“
Mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Francis Wurtz an der Spitze ist eine Delegation der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europaparlament zu Gast auf dem 1. Kongress der Partei der Europäischen Linken (EL) am 29. und 30. Oktober in Athen.
Francis Wurtz : Die neue Haltung Österreichs zur Bolkestein-Direktive „gibt der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung für ein Zurückziehen des Projektes neuen Auftrieb“
In seiner Rede hob Francis Wurtz hervor: „Wir verfolgen Eure Arbeit mit großem Interesse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Europa sich in einer existentiellen Krise befindet, die der antiliberalen Linken eine historische Verantwortung verleiht und ihre politische Kreativität und Initiativfähigkeit auf die Probe stellt.
Wir erleben gegenwärtig in der EU das, was ich die „Ära nach dem 29. Mai und dem 1. Juni“ nennen würde. Der Erfolg des Nein zum Verfassungsentwurf ist Symptom, Katalysator und zugleich verstärkendes Moment der Ablehnung der liberalen Entgleisung Europas, die weit über Frankreich und die Niederlande hinausgeht. Das EU-Establishment ist verunsichert.
Vor diesem Hintergrund muss das betrachtet werden, was sich soeben hinter den dicken Mauern von Hampton Court ereignet hat und was vor dieser Ära völlig undenkbar gewesen wäre: Österreichs christdemokratischer Kanzler Schüssel hat laut Agenturmeldungen „offen für das Zurückziehen des Entwurfes der Dienstleistungsrichtlinie plädiert“ – eines Entwurfes, der seines Erachtens „nicht gerettet werden kann!“ Noch am Vorabend wurde Tony Blair vor dem Europäischen Parlament nicht müde zu wiederholen: „Die Richtlinie ist für die Vollendung des Binnenmarktes besonders wichtig.“ Ausgerechnet Österreich wird am 1. Januar 2006 von Großbritannien den Ratsvorsitz übernehmen. Genau zu dem Zeitpunkt, wenn es darum geht, mit der Prüfung der symbolträchtigen Bolkestein-Richtlinie zunächst durch das Europäische Parlament, dann durch den Ministerrat zu beginnen.
Schüssels bedeutsamer Rückzug gibt der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung für den Widerruf der Richtlinie neuen Auftrieb. Jetzt eine Blockademinderheit im Ministerrat zu formieren, ist sicherlich ein ehrgeiziges, aber nicht unerreichbares Ziel, wenn eine Mobilisierung wie im letzten Frühling gelingt. Hierfür trägt die europäische antiliberale Linke in meinen Augen die Verantwortung. Sie wird ihre Identität leben, ihren Nutzen und ihre Daseinsberechtigung unter Beweis stellen können. Mit dieser Perspektive vor Augen wünschen wir Euch vollen Erfolg bei Eurer Arbeit.“
Von den 16 in der GUE/NGL-Fraktion vertretenen Parteien sind die folgenden 6 Mitgliedsparteien der Partei der Europäischen Linken: Synaspismos, Die Linke.PDS, Parti communiste français, Bloco de Esquerda, Izquierda Unida, Partito della Rifondazione Comunista; sowie 3 Beobachterparteien: Progressive Party of Working People (AKEL), Partito dei Comunisti Italiani, Komunistická strana Cech a Moravy.