Menschenrechtsbericht mit doppelten Standards

Zur heutigen Abstimmung über den Bericht Coveney (A6-0086/2005) des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage in der Welt 2004, erklärt der parteilose auf der Liste der PDS gewählte Europaabgeordnete Tobias Pflüger:

Dem Bericht kann ich nicht zustimmen, weil er wesentliche Kritikpunkte im Hinblick auf Fragen der Menschenrechte nicht klar benennt und andere vollkommen ausklammert. Generell gibt es im Bericht doppelte Standards, was die Menschenrechte angeht. Wenn es um Verbündete oder um die EU-Staaten selbst geht, gibt es die Tendenz, Menschenrechtsverletzungen nicht zu kritisieren. Fünf Beispiele:
1. Die Misshandlungen und Folterungen im Irak durch Angehörige von US-Truppen werden nicht benannt. Die Täter werden nicht explizit erwähnt. Forderungen nach einer Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof sucht man vergeblich.
2. Ein Verweis auf die anhaltende Besatzung des Irak fehlt. Die tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen werden nicht benannt. Eine Verurteilung dieses Völkerrechtsbruchs findet nicht statt.
3. Die Interventionskriege der westlichen Staaten und die mit ihnen verbundenen Menschenrechtsverletzungen sind kein Thema. Die über hunderttausend, im Zuge des Angriffs der „Koalition der Willigen“, getöteten irakischen Zivilsten, werden nicht mit einer Zeile erwähnt. Eine Verurteilung von „humanitären Interventionen“ oder Militärinterventionen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung oder des „Abrüstungskrieges“, die allesamt das Völkerrecht verletzen, findet nicht statt.
4. Die Gefährdungen für die Menschenrechte, die von der Militarisierung der EU ausgehen, insbesondere von ihrer vertraglichen Fixierung in der EU-Verfassung, werden nicht thematisiert.
5. Dass die Menschenrechtslage in der Türkei überhaupt keine Erwähnung findet, ist skandalös, da hilft auch nicht der Verweis dies geschehe in einem Sonderbericht. Gerade angesichts des Anwachsens von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, bleibt das Ausklammern völlig unverständlich.
Brüssel, den 28. April 2005