Für einen neuen Europäischen Arbeitszeitstandard

Helmuth Markov,Gabi Zimmer

Zur heutigen Debatte des Europäischen Parlaments um die Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie erklären die PDS-Europaabgeordneten Gabi Zimmer und Helmuth Markov:

Die Linksfraktion im Europäischen Parlament (GUE/NGL) lehnt den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie in allen Teilen ab. Wir fordern die Kommission auf, ihren zynischen Vorschlag zurückzuziehen.

Die geltende EU-Arbeitszeitrichtlinie von 1993/2003 schreibt nur den kleinsten gemeinsamen Nenner der Mitgliedstaaten zu Arbeitszeitfragen fest. Sie enthält zudem mannigfaltige Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen. Damit ermöglicht sie lange und flexible Arbeitszeiten im Interesse der Unternehmer.

Die Europäische Kommission, der Rat und starke konservative und liberale Kräfte im Europäischen Parlament wollen die Arbeitszeiten europaweit verlängern und im Interesse der Unternehmer flexibilisieren. Sie machen die Kampagne der Unternehmerverbände für längere Arbeitszeiten zu ihrem zentralen Anliegen. Die klaren Urteile des Europäischen Gerichtshofs – am Arbeitsplatz verbrachte Bereitschaftszeiten sind Arbeitszeit – wollen Kommission, Rat und viele im Parlament in ihr Gegenteil verkehren.

Erstmals sollen die ohnehin schwachen Standards einer europäischen Richtlinie zu sozialpolitischen Mindestvorschriften geschleift werden. Dies ist eine historische Wende in der bisherigen EU-Politik zu sozialpolitischen Mindeststandards. Eine Rolle rückwärts zum Manchester-Kapitalismus droht. Sie wäre wirtschafts- wie sozialpolitisch verheerend.

Auch der umstrittene Cercas-Bericht schlägt einen Tauschhandel vor: Das Opt-out soll abgeschafft, die Arbeitszeiten aber noch mehr flexibilisiert und die EuGH-Urteile weitgehend ausgehebelt werden.

Wir stimmen in einem Punkt zu: das Opt-out muss völlig abgeschafft werden.

Aber wir halten auch dagegen: die Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu Bereitschaftszeiten müssen punktgenau umgesetzt und jede Deregulierung der Richtlinie verhindert werden. Europa braucht vielmehr einen neuen Europäischen Arbeitszeitstandard mit kürzeren wöchentlichen Arbeitszeiten. Beruf und Privatleben müssen für die Menschen besser vereinbar, die Massenerwerbslosigkeit konsequent abgebaut werden.