EU-Dienstleistungsrichtlinie: Sozialdemokratie kippt um. Große Koalition auch in Brüssel. Binnenmarktausschuss des EP stimmt für Herkunftslandprinzip

Am späten Dienstag Abend hat der federführende Ausschuss des Europäischen Parlaments mit großer Mehrheit für die Dienstleistungsrichtlinie und damit für das Prinzip gestimmt, dass Dienstleister europaweit nach den Gesetzen und anderen Bestimmungen ihres Herkunftslandes tätig werden dürfen.

Dazu erklärt der Obmann der Vereinten Europäischen Linken im Ausschuss, André Brie:

Konservative, Liberale und die UEN haben sich im Ausschuss durchgesetzt. Obwohl die Sozialdemokratische Fraktion zuvor gemeinsam mit der Linken und den Grünen das Herkunftslandprinzip abgelehnt hatte, stimmte sie mehrheitlich in der Schlussabstimmung der Richtlinie auf der Grundlage dieses Prinzips zu oder ihre Abgeordneten enthielten sich der Stimme. Damit macht sich die Sozialdemokratische Fraktion mitverantwortlich dafür, dass niedrige Sozial- und Lohnstandards, niedrige Niveaus im Verbraucherschutz, in der Qualität von Dienstleistungen, im Umwelt- und Haftungsrecht künftig in Europa einen massiven Konkurrenzvorteil bedeuten werden. Dienstleister aus einem Land mit niedrigen Standards – auch Dienstleister, die ihren Firmensitz dorthin verlegen –, werden nicht mehr die Bestimmungen eines Landes berücksichtigen mit höheren Standards müssen, wenn sie dort ihre Dienstleistungen anbieten. Beschäftigten, Kommunen, Handwerkern und andere Dienstleistern, dem Arbeits- und Sozialrecht, Verbraucherschutz und Umweltrecht droht der Dumpingwettlauf. Die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken wird ihren Widerstand gegen die Dienstleistungsrichtlinie vor der Anfang 2006 geplanten Plenar-Abstimmung verstärken. Gewerkschaften, kommunale Verbände, Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie andere Betroffene sollten sich nach meiner Überzeugung endlich gründlich über die weit reichenden Konsequenzen informieren und sich der Kritik an der Dienstleistungsrichtlinie anschließen, wenn sie nicht deren Opfer werden wollen.